Als ich im Jänner dieses Jahres mit mir selbst überein kam, daß ich diese Mammutreise tatsächlich antreten wollte, war von Corona noch keine Rede gewesen. Dann rollte die erste große Viruswelle über Europa hinweg. Leute aus meinem persönlichen Umfeld, die von meinen Plänen wußten, fragten reflexartig: „Du wirst deine Reise jetzt aber verschieben, nicht wahr?“
Um ehrlich zu sein: Keine Sekunde lang habe ich darüber nachgedacht. Ich tue es auch jetzt nicht. Es gibt wohl nix, daß ich in den letzten Jahrzehnten mit einer derartigen Konsequenz durchziehen wollte wie mein Alte Eisen auf Reisen-Konzept.
Mag sein, daß das Corona-Virus nächstes Frühjahr in einer zweiten oder dritten Welle durch die Welt tobt und kein vernünftiger Impfstoff verfügbar ist. Mag sein, daß wir wieder allesamt isoliert zu Hause festsitzen und gegen die Wände starren. Aber damit befasse ich mich, sollte es so weit kommen. Bis dahin gilt: Ich habe mir diese Reise fest vorgenommen.
Ich sehe kein Hindernis, das mich daran hindern könnte, wegzufahren. Es mag einen zeitlichen Aufschub geben – aber mehr Einfluß gestehe ich dem Virus nicht zu. Ich habe meine Reise in vier Blöcken geplant, die ich auch jahreszeitlich anpassen kann. Also kann ich kurzfristig auf die jeweiligen Umstände reagieren.
Ehrlich gesagt machen mir andere Dinge mehr Sorgen. So bin ich mir des hohen persönlichen Risikos sehr stark bewußt. Motorradfahren ist nicht ungefährlich, zumal ich allen möglichen Witterungen ausgesetzt sein werde. Wenn’s blöd hergeht, habe ich es mit Wüstenstürmen einerseits und mit Schneefall und Eis andererseits zu tun.
Das Motorrad selbst, meine BMW F 650 CS, ist sehr brav und hat sich bislang als guter und treuer Begleiter gezeigt. Aber natürlich muß ich mit Problemen rechnen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Ich werde vier bis fünf Hinterreifen und wohl drei Vorderreifen verschleißen. Die Bremsbeläge sind ein Thema. Der Zahnriemenantrieb. Die Batterie, die Lämpchen, die Kofferträger … Ich weiß nicht, ob die Kupplung hält oder der Motor. Was, wenn durch einen Ausrutscher das Fahrgestell etwas abbekommt?
Auf manche Dinge kann ich mich vorbereiten, auf andere nicht. Das sind dann Dinge, die ich auf mich zukommen lassen und die ich mit einer ordentlichen Portion Gelassenheit hinnehmen muß. Es mag sogar sein, daß ich mir zwischendurch ein neues Motorrad kaufen muß.
Worauf ich jedenfalls keinen Einfluß nehmen kann, ist die politische Situation in manchen Ländern. Ich habe ja vor, durch Staaten zu reisen, in denen die Lage alles andere als stabil ist. Beispiele gefällig?
- In der Westsahara ist nach wie vor die Polisario aktiv. Eine Reise ins Landesinnere ist damit ausgeschlossen.
- Der Grenzübergang von der Westsahara nach Mauretanien ist mehr als heikel
- Mauretanien selbst ist ein unruhiges Land mit einer recht rigiden Auslegung der Schari’a, dem islamischen Recht.
- Auf meiner Strecke rund um das Schwarze Meer und durch den Kaukasus gibt es einige mögliche Probleme. Unter anderem gibt es ja nach wie vor große Spannungen zwischen der Ukraine und Rußland. Ein Besuch der Halbinsel Krim und Sewastopols, den eigentlich vorgehabt hatte, ist von ukrainischer Seite her ausgeschlossen. Würde ich hingegen von der russischen Seite her kommen, also von Rostow aus, würde ich bei jedem weiteren Versuch, in die Ukraine einzureisen, zurückgewiesen werden.
- Eine Durchfahrt durch den Donbass im Osten der Ukraine ist nicht möglich, das ist Kriegsgebiet. Die bestmögliche Route führt über Kharkiv und dann Richtung Rußland, dort sind die Grenzen derzeit offen.
- Bei der anschließenden Fahrt Richtung Süden, Richtung Georgien, streife ich Teilrepubliken wie Nordossetien und Tschetschenien, in denen es auch nicht immer ruhig zugeht. Diese Strecke muß ich allerdings nehmen, weil sie zum einzig befahrbaren Grenzübergang für internationale Reisende von Rußland nach Georgien führt.
- Die Grenzstreitigkeiten zwischen Armenien und Aserbaidschan flammen eben wieder auf. Die Grenzübergänge zwischen den beiden Staaten sind ohnedies geschlossen, aber auch die Einreise via Georgien ist nicht leicht. Zumal
- Aserbaidschan derzeit alle Grenzübergänge geschlossen hat.
- Dadurch wäre auch eine Einreise von Aserbaidschan in den Iran verunmöglicht. Mein vager Plan sah vor, den Norden des Iran zu bereisen, die Stadt Tabriz zu besuchen und von dort zurück in die Türkei zu fahren. Allerdings gibt es sehr ungute Berichte von Überfällen auf Individualtouristen in diesem Landesteil.
- Die Türkei sehe ich prinzipiell als relativ reisesicher an. Dennoch bin ich mir bewußt, daß sowohl der Syrien-Krieg als auch die Konflikte in den östlichen Landesteilen mit den Kurden zu gefährlichen Situationen führen können …
Dies ist bloß ein Auszug aus meiner Liste möglicher Schwierigkeiten. Von Visa-Problemen und anderen „Kleinigkeiten“ will ich noch gar nicht reden.
Ich zerbreche mir ordentlich den Kopf darüber, wie ich die Risiken für mich reduzieren kann. Ich bin alleine unterwegs und kann mich nur selbst beschützen. Also werde ich vorab in Kontakt mit dem österr. Außenministerium und den Botschaften der jeweiligen Länder treten und mir so viele Informationen bzw. Hilfeleistung wie möglich holen.
Diese Tour ist in vielerlei Hinsicht eine extreme Herausforderung. Wichtig ist, daß ich mich bereits jetzt so gut wie möglich damit auseinandersetze. Was ich neben den Sicherheitsbedenken zu beachten habe, darüber erzähle ich das nächste Mal.
Hier geht’s zum zweiten Teil der Beschreibung meiner Reise: Die PERRY RHODAN Stammtische
Und hier findet sich der erste Teil: Alte Eisen auf Reisen – der Überblick
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