Bei meinen Schreibcamps ist es eines der beliebtesten Themen: die Gestaltung eines Exposés. Ein ausgereiftes Expo ist nun mal die Zutrittskarte zu den Verlagshäusern – und es ist verdammt schwierig, eine Handlungszusammenfassung so zu formulieren, daß ein Redakteur sie versteht und auch interessiert.
Es gibt gewisse Formalismen, die bei der Gestaltung eines Expos erfüllt werden sollten, aber die sind gewiß das geringere Problem. Viel mehr Schwierigkeiten bereitet es, komplexe Handlungen auf die wichtigsten Aussagen zu reduzieren und Inhalte auf nur wenigen Seiten darzulegen. Was ist nebensächlich und kann wegfallen, welche Personen müssen unbedingt vorkommen, wie gestalte ich das Expo, wenn ich zwei oder mehr Handlungsstränge habe, wie arbeite ich die Spannungshöhepunkte aus, so daß der Redakteur sie erkennt …
Es sind Fragen wie diese, die angehende, aber auch gestandene Autoren zur Verzweiflung bringen. Meist ist man ja verliebt in die eigenen Ideen und dementsprechend betriebsblind. Man möchte all seine genialen Szenen im Expo verpackt wissen und übersieht dabei, daß Redakteure ganz anders ticken. Die möchten verdammt nochmal wissen, worum es in der Geschichte eigentlich geht. Die wollen den Kern der Erzählung erfassen, die wollen die Grundkonflikte geschildert sehen – und in Erfahrung bringen, ob sich der Autor in seiner eigenen Story auskennt.
Ich behaupte mal völlig unbescheiden, daß ich mich mit Expos ganz gut auskenne. Ich finde die Problemzonen und kann oft auch Lösungsvorschläge liefern. Manchmal muß ich meine Schreibschüler an den Anfang ihrer Expo-Arbeit zurückkehren lassen, manchmal sind es bloß Kleinigkeiten, die geändert/verbessert gehören. Letztlich ist es wie bei allen anderen Bereichen des Schreibberufs: Die Übung macht den Meister, und je mehr Exposés man gestaltet, desto verständlicher und strukturierter sind sie, desto leichter lassen sie sich an den Mann bringen.
Tscha, so dachte sich das der kleine Michael noch vor ein paar Tagen. Und dann wurde ich aufgefordert, nach längerer Zeit selbst wieder mal selbst ein Exposé zu einem (Serien)Roman zu verfassen.
Ich mußte in aller Demut akzeptieren, daß die Expo-Arbeit eine haarige und verdammt schwierige Angelegenheit ist. Bei den Arbeiten anderer Leute gelingt es mir problemlos, Fehler aufzudecken. Nicht aber bei den eigenen. Da weine ich Rotz und Wasser und verfluche meinen Beruf.
Hatte da in diesem Blog nicht einer was von Betriebsblindheit geschrieben? 😀
Tja, genau die ist der Grund, warum es leichter ist, die Fehler der Anderen zu sehen als die eigenen. 😀
Entferne erst den Balken aus deinem Expo, dann kannst du den Splitter aus meinem Expo entfernen. 😉