Sprechblasen

Ich bin schrecklich comic-affin. Ich liebe bunte Bildchen, egal, ob sie nun als Strichmännchen daherkommen oder in Meisterschaft gezeichnet, wie die von Hal Foster. Ich nenne gerne den Namen Carl Barks, wenn ich gefragt werde, welcher Künstler mich in meinem Leben besonders geprägt hat. Der Erfinder von u.a. Scrooge McDuck (Dagobert Duck) hatte nicht einen ganz besonderen Bleistift- und Pinselstich drauf – er vermochte auch unglaublich gute Geschichten zu erzählen. Doch zu dieser meiner Begeisterung schreibe ich ein anderes Mal mehr. Heute möchte ich ein bißl in Lokalpatriotismus machen.

Vor etwa fünf Jahren starb Norbert Hethke, seines Zeichens Herausgeber der Nachdrucke unzähliger Piccolos von Hansrudi Wäscher (Akim, Falk, Tibor), des Comic-Preiskatalogs, der Fachzeitschrift „Die Sprechblase“ und vieler anderer Dinge. Die Rechte an den einzelnen Objekten wurden vom Sohn Hethkes in die Hände mehrerer Leute übergeben, und so geschah es, daß „Die Sprechblase“ in Österreich landete. Gerhard Förster, ein Comic-Besessener, hochbegabter Letterer, Texter und wasweißichnochalles, übernahm die inhaltliche Produktion des Hefts ab der Nummer 211, sein Partner Hans Stojetz blieb weitgehend im Hintergrund.

Nun muß ich ehrlich zugeben, daß ich nicht geglaubt hätte, daß dieses Projekt eine Zukunft hätte. Die Sprechblase war mir zu sehr mit Norbert Hethke verbunden/verwachsen. Mir erschien es gefühlsmäßig auch höchst schwierig, von Österreich aus den gesamten deutschsprachigen Markt zu beackern und weiterhin das zu schreiben, was die Leser interessierte. Die Interessen der Piccolo-Leser mußten ebenso befriedigt werden, wie jene der Generationen, die mit Micky Maus, Superman, X-Men oder frankobelgischen Serien aufgewachsen waren. Das Internetz mit seiner Fülle an Gratis-Informationen knabbert ohnedies an den Auflagezahlen fast aller Printmedien, ich hatte halt ein schlechtes Gefühl.

Ich habe mich geirrt.

Die Sprechblase (ich halte gerade die Nummer 224 in der Hand) bietet eine Fülle an Informationen, wie man sie kaum woanders findet.  Da sind in der aktuellen Ausgabe (Mai 2012) einige Interviews drin (na gut, nicht immer aktuell, aber dennoch interessant), ein ausführlicher Nachruf auf Jean Giraud/Moebius, ein Bericht über den Relaunch der DC-Serien (Superman, Batman etc.), seitenweise Infos über Karl May-Comics, ein Falk-Strip, ein Artikel über Pecos Bill, einer über die Comic-Werbefigur Lurchi, Rezensionen, Vorstellungen neuer und alter Sachen, Leserbriefe – und ein Heft im Heft, genannt „Die kleine Sprechblase“, im A5-Format, mit zwei interessanten Geschichten.

Eine davon hat PERRY RHODAN-Bezug. Sie wurde einstmals in der Zeitschrift BRAVO veröffentlicht (1972), ist Teil der Erzählungen der Comic-Heftserie „PERRY- unser Mann im All“ und hat diesen typisch freizügigen Stil, für den das Studio Giolitti dazumals bekannt geworden ist. Auch in den Leserbriefen kommen PERRY-Leute zu Wort. So meldet sich Horst Gotta, der gemeinsam mit Dirk Schulz Titel- und Innenillus für die Erstauflage fertigt, und Karl Nagel, der die Alligator-Farm großgezogen hat, ist mit interessanten Infos zu „PERRY RHODAN im Bild“ vertreten.

Ich kann mich in der „Sprechblase“ regelrecht verirren. Ich glaubte eigentlich, mich einigermaßen im weiten Feld der Comics ein bißl auszukennen. Aber hier werde ich eines Besseren/Schlechteren belehrt. Was in Groß-, Klein- und Kleinstauflagen auf dem deutschsprachigen Markt erscheint, ist phänomenal, und ich bedauere, daß ich weder Zeit, noch Geld habe, um mir all das anzuschaffen, was mich interessieren täte.

Gerhard Förster und seine Mitarbeiter sind in ihrer Recherche und Arbeit detailverliebt bis zum Exzeß. Sie gehen den Sachen bis in tiefste Tiefen nach, bevor sie bereit sind, sie zu veröffentlichen. Und kommt es mal zu Fehlinformationen, na, dann werden sie anstandslos richtiggestellt, und mögen sie noch so klein und unbedeutend sein. Naja, diese penible Art hat manchmal Auswirkungen auf die Erscheinungstermine, hab ich mir sagen lassen. 🙂 Aber mir ist eine Info-Fitzelei allemal lieber als gedankenlos recherchierte Berichte, die gerade mal an der Oberfläche kratzen. Ich fühle mich als Leser ernst genommen, ich bekomme hier hervorragende journalistische Arbeit vorgesetzt.

Wer als PERRY RHODAN-Leser mal in die „Sprechblase“ reinschnuppern möchte, dem ist die vorherige Ausgabe (223) anzuraten (über die Homepage, siehe weiter unten, bestellbar). Die beschäftigt sich zu einem großen Teil mit den Comic-Serien, die von den späten Sechzigern an unseren Unsterblichen zum Thema hatten und haben. Und worüber sich das Team der „Sprechblase“ ganz besonders freut, sind neue Abonnenten, eh klar. Sie sind der Grundstock für ein sehr gelungenes Zeitschriftenkonzept, das ich vorbehaltlos unterstütze.

Wenn’s irgendwas zum bemäkeln gäbe, dann, daß mir als halbwegs geübtem Leser ein paar Tippfehler zuviel unterkommen, und daß der Internet-Auftritt (www.die-neue-sprechblase.at) Verbesserungspotential hat. Aber was die Inhaltsfülle betrifft, bin ich, wie gesagt, schlichtweg enthusiasmiert.

Die Titelbilder sind Copyright „Die Sprechblase“ bzw. Kauka & Promedia sowie Pabel-Moewig Verlag KG.

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