Ich kenne Uwe seit etwa einem Jahrzehnt und arbeite speziell bei DAS HAUS ZAMIS oft und gerne mit ihm zusammen. Es war hoch an der Zeit, dass ich mal ein Interview mit ihm führte.
F: Uwe, stell Dich bitte kurz vor. Wie bist Du zum Schriftsteller geworden, wie lange bist Du schon in der Branche? Warst Du immer schon so grausam und böse zu Deinen literarischen Figuren?
A: Ach, das hängt mir irgendwie nach … Es gab tatsächlich eine Phase, in der ich sehr gewalttätige Dinge geschrieben habe. Eigentlich bevorzuge ich aber den atmosphärischen Horror – sowohl beim Lesen als auch beim Schreiben. Ich kann auch in Filmen keine Gewaltexzesse sehen, der TATORT ist mir schon zu brutal geworden, den gucke ich seit einer Ewigkeit deshalb nicht mehr. Überhaupt: Was da oft über den Bildschirm flimmert, auch bei den Öffentlich-Rechtlichen, ist schon arg grenzwertig.
Ich habe schon immer geschrieben, seit ich buchstabieren konnte. Und schon immer hat mich das Unheimliche und Übernatürliche, der Horror, angezogen. Meine allererste Fangeschichte brachte ich in Elmar Wohlraths World of Wonder unter. Vielleicht kennt das ja noch jemand. Das waren jedesmal aufregende Momente, wenn der Briefträger das neue Heft brachte. Heute schreibt Elmar gemeinsam mit Iny Klocke Bestseller wie „Die Wanderhure“. (Unter dem gemeinsamen Autoren-Pseudonym Iny Lorentz, Anm.). Da habe ich wohl irgendwas falsch gemacht …
Nein, ich freue mich natürlich immer wieder und bin erstaunt zu sehen, wie viele Leute aus dem Fandom plötzlich anfangen, professionell zu veröffentlichen oder auch richtig erfolgreich werden. Viele Leute, mit denen ich bis heute zusammenarbeite, kenne ich von früher. So habe ich mich sehr gefreut, dass ich die letzten Jahre mit Helmut Pesch bei Bastei Lübbe zusammenarbeiten durfte und wir zum Beispiel gemeinsam die Horror-Reihe HORROR FACTORY aus der Taufe gehoben haben.
F: Du bist im Auftrag des Zaubermond Verlags für die Exposés der Serie DAS HAUS ZAMIS zuständig. Erzähl doch ein bisschen über diese Arbeit. Wie lange machst Du sie schon? Wie lange im Voraus planst Du, wie dick ist der rote Faden, der die Serie durchzieht?
A: Ich habe die Exposéarbeit in der Nachfolge von Ernst Vlcek angetreten, als der plötzlich verstarb. Zuvor hatten wir einige Bände lang eng zusammengearbeitet, so schrieb ich mit ihm und Dario Vandis die Bände „Advokat der Toten“ (Band 7), das war 2003, und „Der Dämonenbastard“ (Band 10). Gerade der letzte Band hat uns viel negative Kritik eingebracht wegen der Gewalt- und pornographischen Szenen. Da haben wir in der Tat wohl übertrieben. Trotzdem muss ich sagen, dass es ein Glücksfall für die Serie war, dass Ernst so früh wieder mit eingestiegen ist. Die ersten Bücher waren ja nur Nachdrucke der damaligen Heftromane. Als diese mit Band 4 abgearbeitet waren, haben wir Autoren der zweiten Generation uns zunächst sklavisch an diese Vorgabe gehalten. Erst Ernst brachte dann völlig neuen Wind in die Serie und macht uns Youngstern bewusst, dass wir ja nicht mehr 1974 schrieben, sondern ein neues Jahrtausend angebrochen war. Ich erinnere mich noch, wie Dario Vandis, Ralf Schuder und ich darüber diskutierten, ob denn eine Vergewaltigung überhaupt in einem DÄMONENKILLER-Roman vorkommen dürfe. Auch an dieser Serie, die bei ZAUBERMOND unter DORIAN HUNTER zunächst nachgedruckt wurde und bis heute fortgesetzt wird, schrieb Ernst wieder mit, und ausgerechnet er hatte eine Szene geschrieben, in der Coco auf der Tanzfläche vergewaltigt wurde. Für Ralf Schuder, der dann auch bald aus der Serie ausschied, war das ein No-Go. Wir anderen ließen uns von dem neuen Schwung anstecken und – wie gesagt – in dieser Phase übertrieben wir es manchmal, um unserem Idol (und das ist Ernst für mich bis heute) nachzueifern. Manchmal holt mich der Ruf von damals – von wegen „grausam und böse“ – leider wieder ein …
F: Die Serie hieß mal COCO ZAMIS, benannt nach jener bezaubernden Hexe, die dem Dämonenkiller Dorian Hunter den Kopf verdrehte. Seit geraumer Zeit wird mehr Wert auf die Beschreibung Cocos familiärer Verhältnisse gelegt. Vor kurzem ist eine bislang unbekannte Schwester aufgetaucht: Juna. Ist für Dich damit die Familienaufstellung beendet oder könnte es weitere, bislang unbekannte Geschwister, Onkel, Großtanten geben?
A: Nun ja, wie wir wissen, sind die Mitglieder der Schwarzen Familie äußerst fruchtbar. Allein der Fürst der Finsternis, Asmodi, dürfte mehr als tausend Nachkommen gezeugt haben. Außerdem bewegt sich die Serie ja auch in der vierten Dimension, also der Zeit, insofern gibt es unbegrenztes Erzählungs- und Personen-Potenzial.
F: Was fasziniert Dich persönlich an der Figur Coco Zamis? Wer ist, abgesehen von der weißen Hexe, Dein liebstes Mitglied der Familie Zamis?
A: Ach, ich entdecke immer neue Lieblingscharaktere, im Moment ist es Juna, Cocos Halbschwester, die so plötzlich aufgetaucht ist. Sie ist noch weniger als Coco eine „echte“ Dämonin. Im Gegenteil: Obwohl sie eine talentierte Hexe ist, scheut sie sich davor, ihre Kräfte anzuwenden, weil jeder ihrer Wünsche mit einem Fluch verbunden ist. Das macht mir als Autor natürlich sehr viel Spaß, mir jedesmal den Kopf zu zerbrechen, was könnten diesmal aus ihrem Zauber für verheerende Folgen entstehen …
F: DAS HAUS ZAMIS ist eine Serie mit „hartem“ Horror, es geht durchaus heftig zur Sache. Wo ziehst Du Deine persönliche Grenze? Was darf Coco, was darf sie nicht?
A: Ach, so hart ist sie mittlerweile gar nicht mehr, das habe ich ja erklärt. Die Phase ist eigentlich vorbei, und so hart wie das, was heutzutage unter „Extreme Horror“ firmiert, mag ich schon mal gar nicht. Da wäre dann bei mir wirklich die Grenze. Übrigens haben wir einen Autor dabei, der nun wirklich eine ziemlich harte Schiene fährt. Ein gewisser Michael Marcus Thurner … Macht aber verdammt Spaß, seine Romane zu lesen.
F: Gewährst Du uns einen kleinen Blick auf zukünftige Handlungen bei DAS HAUS ZAMIS?
A: Wenn ich das selbst mal wüsste …
F: Kommen wir zurück zu Dir, Uwe: Du schreibst ja nicht nur für DAS HAUS ZAMIS. Wo treibst Du Dich denn sonst noch schriftstellerisch herum? Was macht den Hauptanteil Deiner Autorenarbeit aus?
A: Mittlerweile steht gar nicht mehr das Schreiben im Zentrum meiner Arbeit, sondern das Lektorieren und das Redaktionelle. Ich betreue seit einigen Jahren COTTON RELOADED und demnächst eine neue alte Horrorserie … Als Autor investiere ich im Moment die meiste Energie bei DARK LAND, das als Spin-off von SINCLAIR gestartet ist, aber spätestens seit Heft zwei völlig eigene abgefahrene Wege geht. In der Horrorserie wird eine Welt beschrieben, in der Menschen und Dämonen gleichberechtigt existieren.
Als Nächstes erscheint in DARK LAND ein abgedrehter Weihnachtsroman von mir – wobei: in DARK LAND gibt es natürlich kein Weihnachten, man nennt es dort Eisnacht – und so heißt auch der Roman.
F: Es gibt Gerüchte, dass ein gewisser Logan Dee, der ebenfalls bei DAS HAUS ZAMIS mitwirkt, mit Uwe Vöhl ident wäre – oder ist es umgekehrt? Schreibt Dee anders als Vöhl, sind das die böse einerseits und die ganz böse Seite andererseits Deines sonst sehr sensiblen Ichs? Klär mich mal auf, wann Du dieses Pseudonym verwendest und wann Du unter Deinem Realnamen schreibst?
A: Das Pseudonym „Logan Dee“ war der Tatsache geschuldet, dass ich unter meinem richtigen Namen auch Krimis schreibe und da eher ein konservatives Publikum bediene. Als ich dann wieder vermehrt Horrorromane schrieb, für DORIAN HUNTER, DAS HAUS ZAMIS oder JOHN SINCLAIR, standen bei Amazon meine Krimititel mitten unter den Horrortiteln. Daher der Versuch eines Decknamens, der zwar inzwischen aufdeckt worden ist, aber nach außen hin als Unterscheidung funktioniert.
F: Ich weiß, dass Du gerne besondere Lesungen veranstaltest. Du erzeugst oft ein Ambiente, das dem Anlass angepasst ist. Entspricht diese Liebe für das Besondere Dir als Person oder ist das „bloß“ Schauspiel? Anders gefragt: Wie viel steckt von Dir selbst als Person in Deiner literarischen Arbeit?
A: Ich bin wohl ein sehr schlechter Schauspieler. Manche Kollegen sind da ja wahre Talente. Ich kann halbwegs vortragen und hatte auch Sprechunterricht, aber es stimmt, ein stimmungsvoller Ort kann viel zur Atmosphäre beitragen. Ich veranstalte in meiner Heimatstadt einmal im Jahr zu Halloween eine literarische Lesenacht, und mein Lieblingsort auf dem Gelände der Heerser Mühle ist jedesmal der Fledermauskeller … Aber um deine Frage halbwegs zu beantworten: Es ist die Story, nicht der Autor, der gelesen wird. Ich könnte es auch mit Charles Bukowski beantworten: These words I write keep me from madness. Timo Wuertz hat mich neulich als Horror-Clown dargestellt. Ich fürchte, er hat damit mein Innerstes aufs Trefflichste nach außen gekehrt.
F: Du hast auch einen PERRY RHODAN NEO geschrieben. Wie ist es Dir dabei ergangen? Wie ist Dein Verhältnis zur Science Fiction?
A: Oh je, ich fürchte, das war für alle eine Herausforderung. Ich habe zum ersten Mal gemerkt, dass ich als Autor an meine Grenzen stoße. Ich habe mich wochenlang abgequält, hatte Alpträume und war wirklich drauf und dran, alles hinzuschmeißen. Herausgekommen ist dann ein Roman, den zumindest ich dann ganz passabel fand. Übrigens habe ich mich vor Jahren auch schon mal als ATLAN-Autor versucht. Was ich immer wieder bewundere, ist – neben dem Honorar – die Rundum-Betreuung in Zusammenhang mit Perry Rhodan. Und die treuen Fans, die es im Horror-Genre sonst höchstens bei SINCLAIR gibt.
F: Wir beide haben unter anderem auch bei der „Horror Factory“ zusammengearbeitet, einer Ebook-only Serie des Bastei Verlags. Dort warst Du für die Koordination und die Redaktion zuständig, hast aber auch selbst einige Beiträge zur Serie verfasst. Ich trauere „Horror Factory“ heute noch hinterher, es sind unter diesem Label qualitativ hochwertige Geschichten veröffentlicht worden.
A: Ja, in der Reihe – die ja nach wie vor noch abrufbar ist, das ist eben der Vorteil der E-Books im Unterschied zum Romanheft – sind einige bemerkenswerte Horrorromane erschienen, wobei ich deine Herrin der Schmerzen in besonders guter Erinnerung habe. Das war eines der Highlights, wirklich. Daneben ragten die zwei Romane von Malte S. Sembten heraus – ach, es waren eigentlich viele schöne Sachen dabei …
F: Zum Abschluss würde ich gerne ein bißl über Deine Zukunftspläne wissen, Uwe. Bei all Deiner Vielseitigkeit – gibt es ein großes Ziel als Autor, das Du unbedingt erreichen möchtest?
A: Gerne würde ich mal ein Jahr nichts anderes machen müssen, als an meinem ersten 600-Seiten starken Horrorroman zu schreiben. Also nachher ein richtiges Buch in Händen halten zu dürfen. Und, ja, es müsste natürlich mega-erfolgreich sein …
Sehr schön. Danke, hat Spass gemacht zu lesen!