Die Villa Fantastica

In Wien gibt’s doch tatsächlich eine Bibliothek der Phantastischen Literatur! Sie findet sich in einem Außenbezirk. In Hietzing, in einem Cottage-Viertel, zwischen vielen hochherrschaftlichen Häusern – und dennoch ist in der Villa Fantastica  alles ein bißl anders.

Die Gründungsidee zur Villa Fantastica geht auf Helmuth W. Mommers zurück, der SF-Fans sicherlich kein Unbekannter ist. Bereits zu Beginn der 60er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts veröffentlichte er SF-Kurzgeschichten, oft in Zusammenarbeit mit Ernst Vlcek. Er gründete eine literarische Agentur, zeichnete und trat als Übersetzer in Erscheinung. Dann wurde es in SF-Kreisen lange Zeit ruhig um Helmuth; er lebte und arbeitete in der Schweiz , um erst nach der Jahrtausendwende wieder für Furore zu sorgen. Er betätigte sich als Mitinitiator des Kurzgeschichten-Magazins NOVA, schrieb neue Kurzgeschichten, arbeitete mit dem Shayol-Verlag zusammen, veröffentlichte in der Computerzeitschrift c’t – und wurde für sein Engagement mit mehreren Preisen bedacht (u.a. zwei Mal mit dem Kurd-Laßwitz-Preis).

Und dann war da die Idee der Villa Fantastica. Eine Bibliothek, die ausschließlich Romane der Phantastischen Literatur umfassen sollte. Science Fiction und Fantasy, deutsch- und fremdsprachige Literatur, Hefte und Bücher, Erstausgaben und Nachdrucke – alles sollte hier erfaßt und für Besucher zugänglich gemacht werden. Und Helmuth hat dafür gesorgt, daß diese Idee realisiert werden konnte. Durch seinen persönlichen Einsatz, durch großzügige finanzielle Förderung.

Ich machte mich heute auf den Weg zur Villa, endlich einmal, nachdem ich den Besuch immer und immer wieder aufgeschoben hatte. Ich traf auf Alfie Vejchar, SF-Fan seit, naja, seit Ewigkeiten halt. Ich wurde von ihm herumgeführt und bekam auch Teile der Villa zu sehen, die der Öffentlichkeit noch nicht zugängig sind. Er zeigte mir zuerst das oberste Stockwerk, in dem einmal ein Salon entstehen soll. Für Großspender, die sich hierher zurückziehen möchten, um in Ruhe zu lesen.  Einen Stock darunter gibt’s Abteilungen für Doubletten und Tripletten (nennt man das denn so?) und Platz für die eben erst entstehende DVD-Sammlung. Ein Raum ist vollgeräumt mit Stellagen, in denen sich alle relevanten Titel und Serien des Pabel/Moewig-Verlags finden, zum Beispiel PERRY RHODAN, ATLAN und MYTHOR. Die Silberbände. TERRA, TERRA ASTRA-Serie, TERRA EXTRA … alles da!

Im Souterrain, dem Herz der Bibliothek, sind serienunabhängige Bücher und Hefte nach Autorennamen sortiert. Auf österreichische Schriftsteller wird mit extra Namensschildern hingewiesen, bekannte Schriftsteller wie Dick, Heinlein, Asimov, Clarke, Pohl etc. werden ebenfalls hervorgehoben.

Es wird die SF von der Fantasy getrennt geführt – ich persönlich weiß nicht, ob das die richtige Entscheidung ist, da es ja doch viele Überschneidungen gibt. Aber es wirkt alles sehr aufgeräumt und man findet sich rasch zurecht. Die US-Ecke ist ebenfalls beachtlich groß; hier kommen vor allem Magazine zu Ehren, die von Spendern in Massen angeliefert wurden.

Was mir sehr gut gefällt, ist die Übersichtlichkeit in den einzelnen Abteils. Man findet sich rasch zurecht, und wenn man mal nicht weiter weiß, helfen einem die freundlichen Leut am Empfang. Ach ja, diese sind genau die Richtigen für diesen Job: Allesamt begeisterte Leseratten und firm in den vielfältigen Bereichen der Phantastik (danke, Alex!). Also: Ein großes Lob fürs Service und für die freundliche Behandlung. Man fühlt sich rasch wohl.

Es gibt auch seltene Schätze zu bergen. Hefte und Zeitschriften, die nicht zum Verleih zur Verfügung gestellt, aber gerne hergezeigt werden. Solche, die uralt sind und Unikate, über die man Gschichtln erzählt bekommt. Also: Fragen hilft, man wird hier wirklich exzellent unterstützt und beraten.

Ach ja: Die Luft ist überraschend gut. Es gibt keinen Mief nach allen Heftln oder Büchern, das hat mich sehr – positiv – überrascht.

Gibt’s Negatives aus der Villa Fantastica zu berichten? – Nun, bestenfalls Kleinigkeiten. Der Aufbau der Bibliothek ist eine homogene Sache. Man spürt, daß die Dinge im Fluß sind und sich laufend verändern. Der Eingang ist eigentlich der Hintereingang, und noch längst nicht sind alle Räumlichkeiten belegt. Ich freu mich halt auf den Tag, da die Umbauten abgeschlossen sind und  die Villa richtig zu „leben“ beginnt. Aber das sind geringfügige Irritationen, die von der wirklich beeindruckenden Auswahl an Genre-Literatur ganz locker überwogen werden.

Die Villa Fantastica baut vollständig auf Buch- und Heftspenden auf. Viele Sammler im Wiener Raum haben den betreibenden Verein testamentarisch bedacht – und so betrüblich es auch klingen mag: Es wurden bereits einige Sammlungen übernommen. Als Spender hat man derart die Gewißheit, daß jene Werke, die man einen Lebtag lang gelesen, geliebt und gehortet hat, nicht einfach in der nächsten Müllpresse verschwinden.

Nähere Infos über die Villa Galactica mit Öffnungszeiten, Anfahrtswegen etc. und einer sehr ausführlichen Datenbank finden sich übrigens hier: http://www.villafantastica.com/

Ich überlasse Euch nun ohne weiteren Kommentar den Bildern, die ich heute von der Villa Fantastica geschossen hab, und wenn ich gelegentlich hocherfreut grinsend  im Bild auftauche, seid’s mir bitte nicht bös. Ich hab mich dort schon sehr wohlgefühlt . Viel Spaß!

4 Kommentare Gib deinen ab

  1. A.D. sagt:

    Es war mir ein großes Vergnügen, dir endlich persönlich begegnet zu sein und für ein paar Minuten den Fanboy raushängen lassen zu können. Danke für deinen Besuch und diesen sehr liebevollen und sympathischen Bericht. 🙂

    Alex

  2. Heiko Langhans sagt:

    Hin will.
    Danke.

  3. Hab mich gefreut Dich endlich zum Besuch in der Villa bewegt zu haben und mich natürlich sehr über Deine schon dort (und erst recht in Deinem Artikel) gezeigte positive Resonanz gefreut. Die Villa Fantastica ist eine tolle Sache, auf der HP kann man schon daheim nachsehen ob ein gewünschter Band vorhanden ist oder einfach Schmökern kommen und der Entleih ist -nach Vorlage eines Lichtbildausweises- kostenlos. Du bist glaube ich nicht der Einzige, der gerne auf einige Tage/Wochen hier einziehen und sich durch-schmökern möchte! Danke für den netten Beitrag und Deinen Besuch! SF-Szenen-„Urgestein“ Alfie Vejchar

  4. Hans Langsteiner sagt:

    Danke für den wirklich netten Bericht! Hoffentlich spricht sich die Villa allmählich herum!
    Einer der „freundlichen Leute beim Empfang“…

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s