Björn Wer?! – Das werden sich wohl die meisten Leute fragen. Der Name ist in Autorenkreisen – noch – relativ unbekannt, die Allerwenigsten werden ihn mit einem ehemaligen Marketing-Redakteur beim PERRY RHODAN-Verlag VPM in Verbindung bringen.
Bastei-Lübbe hat nun vor einigen Wochen sein Buch „FKK im Streichelzoo“ auf den Markt gebracht. Zu diesem Anlaß hab ich ein kleines Interview mit Björn geführt. Viel Spaß beim Lesen!
Björn, erzähl bitte ein bißl was über Dich. Du hast eine Zeitlang bei VPM gearbeitet, also beim PERRY RHODAN-Stammverlag, im Marketing. Darüber hinaus weiß ich so gut wie nix über Deinen Werdegang. Wer und was bist Du? 🙂
Ich bin gebürtig aus Koblenz und seinerzeit beim Pabel-Moewig-Verlag gelandet, da unser damaliger kleiner Jugendzeitschriftenverlag von der Bauer-Verlagsgruppe aufgekauft wurde. Nachdem ich dann genug von den Jugendzeitschriften hatte, bin ich dank der wundervollen Miriam Hofheinz bei PERRY RHODAN gelandet, als Multimedia-Redakteur. Und damit war dann auch ziemlich schnell die Leidenschaft zur Science Fiction geweckt.
Hat Dich die Verlagsarbeit auf den Geschmack gebracht, oder gab es die Idee, es als Autor zu versuchen, schon davor?
Nein, die Idee zum Schreiben kam tatsächlich erst mit den Perrys und den Kontakt zu den tollen Autoren der Serie. Vorher habe ich nie darüber nachgedacht, ein Buch zu veröffentlichen. Eigentlich wollte ich Profimusiker werden, hat aber nicht geklappt …
Du schilderst in „FKK im Streichelzoo“ den Werdegang eines Mannes namens Quentin, der in der Pornobranche tätig ist und nebstbei Heftliteratur für eine SF-Serie namens „Jerry Lightning“ schreibt. Diese Verquickung ist zumindest ungewöhnlich. Wie bist du da drauf gekommen?
Wenn man Jahre in einem Verlagshaus wie Pabel-Moewig verbracht hat, in der Tür an Tür Publikationen wie PERRY RHODAN, Schlüsselloch und auch Bussi Bär produziert werden, ist diese Verquickung gar nicht sooo ungewöhnlich. Da schaut man auch in der PERRY-Redaktion gerne mal über den Tellerrand und unterhält sich mit Kollegen außerhalb der SF-Redaktion.
In Deinem Buch kommen einige Nebenfiguren vor, die ich unschwer identifizieren kann, zumindest ihrer Funktion bei PERRY RHODAN und ihrem Namen nach. Ich hoffe, die Betroffenen haben’s alle mit Humor genommen?
Eine gute Frage. Bislang gab es da noch keine Rückmeldung zu. Tatsächlich sind natürlich alle Personen in dem Roman frei erfunden und setzen sich in ihren Eigenschaften und Eigenarten allerhöchstens aus mehreren Personen zusammen. Ich hoffe nicht, dass sich jemand daran stört: Denn es soll nichts anderes sein als eine Hommage an ganz tolle Menschen, mit denen ich zu meiner Zeit bei den PERRYS arbeiten durfte und die mir allesamt echt ans Herz gewachsen sind.
Du schilderst den Pornobetrieb derart glaubwürdig, daß ich annehmen muß, daß Du Informationen von Insidern bekommen hast. Ich wußte zum Beispiel nix von Viradal und erst recht nicht, wie es verabreicht wird. Hast Du Dich im Vorfeld mit Darstellern, Darstellerinnen, Produzenten etc. über diese Dinge unterhalten?
Es heißt Viridal, lieber Michael. 🙂 Um auf deine Frage zurückzukommen: Ich habe jahrelang als Redakteur gearbeitet, da gehört Recherche natürlich zum Handwerk. Aber so ganz Unrecht hast du nicht, ich hatte für das Buch tatsächlich Kontakt zu Menschen aus dem Genre und konnte natürlich schon die eine und andere Anekdote verarbeiten.
Der Text ist durchgängig humoristisch. Traurige Verlierertypen wie Quentin kommen beim Leser ja immer gut an. Das Thema Pornographie ist allerdings eines, das man nicht unbedingt mit Humor verbindet. Hattest Du Probleme, diese beiden unterschiedlichen Ansatzpunkte miteinander in Einklang zu bringen? Oder kannst Du das einfach so? Dann wär ich Dir diese Begabung nämlich ziemlich neidig.
Nö, damit gab es überhaupt keine Probleme. Zumal Porno in diesem Buch ja nichts weiter ist als ein tragendes Schockelement, um den Hauptcharakter interessanter zu machen. Im Grunde passiert ja auch nicht wirklich viel. Sobald es richtig zur Sache gehen soll, ist meist das Kapitel zu Ende, weil Quentin es mal wieder irgendwie vermasselt hat. Das Buch ist wirklich harmlos und eine hundertprozentige Liebeskomödie – vor einem vielleicht nicht ganz alltagstauglichen Hintergrund und mit leichtem Nerdeinschlag.
Ich klammere Quentins Erfahrungen als Pornodarsteller bewußt aus und frage mal, wieviel von Dir in Deiner Hauptperson drin steckt?
Mit Pornos habe ich wirklich nichts am Hut! Wie könnte ich: Mir ist es ja schon unangenehm, nackt in eine öffentliche Sauna zu gehen. Die Pornosache ist nichts weiter als Quentins ungewöhnlicher Nebenjob, mit dem er sich das Schreiben finanzieren möchte. Gemeinsam haben wir die Leidenschaft fürs Schreiben, die Science Fiction und die Angst vor dramatisch näher rückenden Abgabeterminen. Okay, und wir beide spielen Gitarre. That’s it.
Auch die Nebenfiguren sind sehr liebevoll gezeichnet. Jean, der „Agent“ und Nils, der WG-Partner Quentins mit einer Vorliebe für gebrauchte Damenunterwäsche, gefallen mir besonders gut. Gab es für diese beiden Gestalten denn Vorbilder?
Nein, die beiden sind wirklich komplett frei erfunden. 🙂 Hier gibt es keine realen Vorbilder – nicht mal im Ansatz.
Wie ist es Dir bei der Suche nach einem Verlag ergangen? Hat Lübbe sofort zugeschlagen? Ich vermute, daß es nicht leicht ist, einen Redakteur für dieses Thema zu begeistern …
Mitnichten. Nach den ersten Verlags-Absagen habe ich die Story komplett umgekrempelt und es einfach nochmal versucht. Diesmal aber nicht mehr bei Verlagen, sondern zunächst bei Literaturagenturen, was – wie ich jetzt weiß – der mittlerweile übliche Weg ist. Meine jetzige Agentur hat mir dann nach nur drei Tagen einen Vertrag angeboten (dafür bin ich heute noch unendlich dankbar!). Mit Lübbe ging es dann auch recht fix. Allem Anschein nach hat das Thema damals zumindest auf Verlagsseite genau den Nerv getroffen.
Wie wird es denn mit Deinen schriftstellerischen Aktivitäten weitergehen? War das ein einmaliger „Ausrutscher“ oder arbeitest Du bereits an weiteren Projekten? Wenn ja – bleibst Du in diesem Umfeld, oder suchst Du Dir ein neues?
Ich bleibe gern in dieser Sparte. Hier fühle ich mich wohl und glaube auch, dass mir die humoristische Art des Schreibens liegt. Nächstes Jahr im Herbst wird mein zweiter Roman bei Lübbe erscheinen. Dieser hat aber weder etwas mit einem Streichelzoo noch mit Pornos an sich zu tun. Es ist eine Geschichte, die ich schon sehr lange mit mir herumtrage und es kaum erwarten kann, sie endlich in Buchform in den Händen zu halten. In dieser dreht es sich wieder um einen Losertypen, der jedoch diesmal über Nacht mit einem fantastischen Element konfrontiert wird. Also eine Komödie mit einem klitzekleinen Fantasy-Einschlag …
Außerdem gibt es da noch ein zwei Projekte in anderen Romanbereichen, die für nächstes Jahr auf dem Plan stehen. Diese werde ich aber unter einem Pseudonym schreiben und sie behandeln ein anderes Genre. Und nein, keine Angst: Es wird kein PERRY RHODAN-Roman.