Anläßlich seines Gastromans für PERRY RHODAN, der mit der Nummer 2733 erschien, habe ich Michael Nagula ein paar Fragen gestellt. Michael war Mitte der 2000er-Jahre Teamautor, schied aber bereits nach zwölf Beiträgen zur Serie wieder aus, um sich um den Aufbau seines „Amra-Verlags“ zu kümmern. Nun ist er zurückgekehrt …
Viel Spaß beim Lesen!
MMT: Michael, du warst eine Zeitlang Teamautor bei PERRY RHODAN und bist dann ausgeschieden, um mehr Zeit für deinen eigenen Verlag zur Verfügung zu haben. Aber du bist nie so richtig von der Serie weggekommen. Du hast ja die großartigen ersten zwei Bände der PERRY RHODAN-Chronik geschrieben. Wie war denn die Arbeit an diesen beiden Monumentalwerken?
Michael Nagula: UFF! (Sagt das genug …? Uff …) Es waren wirklich Monumentalwerke, was mir erst so richtig klar wurde, als ich für den Hannibal-Verlag erste Fassungen der Manuskripte erstellte.
Wie du weißt, gehen die Bände ja auf eine Artikelserie zurück, die ich mehrere Jahre lang für die 3. und 5. Auflage von PERRY RHODAN schrieb. Und es dauerte sehr viel länger, die vielen Einzeltexte alle zu aktualisieren, durch wichtige andere Themen, Fakten sowie Aussagen aus erster Hand zu ergänzen und in eine unterhaltsame Form zu bringen, die möglichst wenige Wiederholungen aufweist.
Deshalb war mir schon sehr früh klar, dass ich die Folgebände für die Zeit nach 1980, die Eckhard Schwettmann plante, nicht würde übernehmen können. Ich hätte pro Buch mindestens ein halbes Jahr ansetzen müssen, in dem mir nichts anderes möglich gewesen wäre, als die neuen Bücher zu schreiben.
Hermann Urbanek hat diese leidvolle Erfahrung gemacht, und jetzt bekommt sie auch Eckhard selbst zu spüren, der gerade an Band 4 sitzt. Nicht, dass das Ergebnis nicht jede Minute wert wäre, aber man muss sich schon sehr genau überlegen, wie man das hinbekommen will. Eine Frage des Zeit-Managements eben …
Aber du sagst es: Ich bin nie so richtig von der Serie weggekommen. Sie hat einen enormen Suchtfaktor – erst recht, wenn man sie, wie ich, mit der Muttermilch aufgesogen hat. Meine Tochter ist jetzt in der Pubertät, und mir ist klar geworden, wie sehr meine eigene Pubertät durch PERRY RHODAN geprägt wurde.
Ich stieß ja mit Band 1 der 3. Auflage dazu, im März 1973, als ich 13 war. Und verschlang noch in derselben Woche Heft 598 von William Voltz, gleich darauf ATLAN 77 von Willi. Die Figuren, die Handlung, die Autoren, das Gefühl, die Hefte in den Händen zu halten … All das trägt zu einem Gesamteindruck bei, der mich stets von Neuem angezogen hat. Perry und Atlan sind literarische Familie, Willi Voltz, K. H. Scheer, Hans Kneifel, H. G. Ewers – das waren Menschen aus Fleisch und Blut, die ich teilweise schon sehr früh persönlich kennen lernen durfte. Das alles hat mich in der Zeit meiner pubertären Orientierungssuche geprägt, und so etwas schüttelt man nicht mehr ab.
Es bleibt einem zeitlebens erhalten, und deshalb kehre ich, wann immer sich mir die Gelegenheit bietet, wieder zu PERRY RHODAN zurück. Es ist nicht einfach irgendeine Heftserie. Es ist deutsche Literaturgeschichte, ein Zeugnis gesellschaftlichen Wandels, Unterhaltungsliteratur auf allerhöchstem Niveau, sogar schriftstellerisch für belletristische Verhältnisse absolut überdurchschnittlich und und und … Es klingt vielleicht wie bloße Schwärmerei, aber es ist viel mehr – für Leser der ersten Stunde durch das Mondflug-Thema und den Kalten Krieg eine Offenbarung und ein Angststiller, für heutige Leser eine Vision der Menschlichkeit, Verheißung auf einen Platz im Kosmos – und einfach Kult!
MMT: Nun bekommen wir von dir PERRY RHODAN Band 2733 zu lesen. Wie ist denn dieser Gastroman zustande gekommen?
Michael Nagula: Was soll ich sagen? Ich hab Klaus N. Frick gefragt. Es juckte mich wieder in den Fingern, und der Initialzünder war (wie so oft) ein Garching-Con. Im Mai 2013 reiste ich viel herum, um einen neuen Autor meines Verlags zu betreuen und auf Veranstaltungen vorzustellen, und da er auch zwei Tage in München verbrachte, ließ ich es mir nicht nehmen, auf dem Con vorbeizuschauen.
Leider hatte ich nur einen halben Tag Zeit und wollte mich eigentlich nur an dem ganz besonderen Gefühl erfreuen, das sich einstellt, wenn man mit der literarischen Familie zusammen ist. Das ist wirklich was Einmaliges, was ganz Feines, wie Rotkraut und Kartoffelpüree bei Oma – einfach unendlich vertraut, bis in die frühe Kindheit hinein eben. Und ich war ganz begeistert, all die Fans wiederzusehen, und Uwe und Leo und Bolli (Anm.: Klaus Bollhöfener, Marketing-Mann bei PERRY RHODAN) und Uschi und viele andere, die ich sonst bestenfalls auf der Buchmesse sehe. Ich hörte mir einige Veranstaltungen an, z.B. mit Christian Montillon, der sehr interessant über seine Arbeit bei den »Drei Fragezeichen« sprach (Leo war auch da mit seiner hinreißenden Tochter), war aber sonst eher inkognito, hatte mich ja auch nicht angekündigt.
Trotzdem haben mich einige Fans erkannt, immerhin noch nach sieben Jahren – darunter eine Dame, die mir erzählte, sie wolle so gerne mal wieder einen Roman von mir lesen, ob sich das nicht machen ließe? Ich freute mich darüber sehr, war aber etwas reserviert – auch weil das ja nicht meine Entscheidung ist, sondern die von Klaus Frick. Und mir ging durch den Kopf, dass kurz nach meinem Ausstieg schon Werner Kurt Giesa erklärt hatte, ich sei sein Lieblingsautor bei PERRY gewesen, uuiiii, das war mir runtergegangen wie Sahne – und was mir denn eigentlich einfiele, da einfach so auszusteigen! Ich möge sofort wieder in die Tasten hauen! Nun, da gab es also schon zwei, die wieder etwas von mir lesen wollten (Werner liest ja von »oben« weiter mit, das weiß ich, ich kenne ihn doch …).
Und als mir der Gedanke auch nach drei Tagen zuhause immer noch im Kopf herumspukte, mailte ich Klaus einfach mal an, wie es denn mit einem Gastroman wäre. Er antwortete, die Leserin hätte sich schon bei ihm gemeldet und auf einen Gastroman von mir gedrungen (wow!), und es würde gerade gut passen und ja, warum nicht … Er habe dieses Wochenende ohnehin ein Treffen mit Christoph und Hartmut, da werde er das mal ins Gespräch bringen und … nun ja, ein paar Tage später hatte ich die Zusage.
MMT: Du leitest den AMRA Verlag, einen Buchverlag mit Schwerpunkt Esoterik. Siehst du dich mittlerweile hauptberuflich als Verleger?
Michael Nagula: Ja, ich bin Verleger. Schreibender Verleger, es ahnt ja niemand, wie viel es da zu schreiben gibt, über Presseinfos und Klappentexte bis zu Textkorrekturen und Konzepten, Anzeigen, Korrespondenz auf Deutsch und Englisch etc. pp. Ich bin nach wie vor den ganzen Tag am Schreiben und Korrigieren und bin unendlich dankbar, dass ich all die vielen Tätigkeiten, die ich seit Anfang der 1970er ausüben durfte, dafür nutzen kann. Alles ist auf diese Arbeit als Verleger hinausgelaufen, weil ich hier alle meine Talente zusammenführen kann.
MMT: Du hast im Laufe der letzten Jahrzehnte eine Menge Berufe im Verlagswesen ausgeübt. Autor, Verleger, Redakteur, Übersetzer sowohl im Comic- als auch im Belletristikbereich … Gibt es Jobs, die dich noch reizen würden, oder bist du am Ende deiner »Reise« angelangt?
Michael Nagula: Die gibt es immer. Niemand, der kreativ tätig ist, gelangt jemals an das Ende seiner »Reise«. Es bieten sich immer neue Möglichkeiten, die Arbeit am und mit dem Text auf eine neue Art zu präsentieren, vielleicht inhaltlich neu, vielleicht formal, vielleicht auch, indem man seine eigene Position wechselt, wie es geschieht, wenn Mitarbeiter hinzukommen.
Die Arbeit als Verleger ermöglicht mir ein ständiges inneres Wachstum, das manchmal nicht ganz einfach ist, aber immer lohnenswert, weil es mich auch persönlich weiterbringt. Nein, am Ende meiner »Reise« bin ich noch lange nicht angelangt, die fängt gerade erst an …
MMT: Kommen wir zu PERRY RHODAN 2733, und lass mich anfangs ein klein wenig spoilern: Du hast Perry himself und Bostich als Hauptfiguren bekommen. Wie gefällt dir denn diese Paarung? Es wird kaum ein ungleicheres Team als die beiden geben.
Michael Nagula: Das kannst du laut sagen. Ungleicher geht’s wirklich nicht, und ich hatte am Anfang tatsächlich Probleme, das Verhältnis der beiden zueinander zu bestimmen. Immerhin sind beide Aktivatorträger und kennen sich seit gefühlten Ewigkeiten, ohne sich jemals besonders nahe gekommen zu sein …
Das war schon ein Balanceakt, aber – heh! Das macht ja den Reiz beim Schreiben aus: sich zu überlegen, wie es am besten passt, wo die Grenzen sind, welche Welten funktionieren und welche nicht. Und es hat verdammt viel Spaß gemacht!
MMT: Zu deiner Zeit als Teammitglied bei PERRY RHODAN schrieb Robert Feldhoff die Expos. Ich verrate kein großes Geheimnis, wenn ich sage, dass Wim Vandemaan und Christian Montillon die Exposé-Gestaltung ein wenig anders handhaben; ein jeder Expokrat hat so seine eigenen Vorstellungen. Kommst du mit den Umstellungen zurecht?
Michael Nagula: Es gab nicht die geringsten Probleme. Natürlich musste ich mich einarbeiten, und es war eine Umstellung. Zu Roberts Zeiten waren die Details alle vorgegeben. Das ließ mir als Autor nur sehr, sehr wenig Spielraum. Damals hat mich das manchmal gestört, aber es hatte den Vorteil, dass es nicht zu logischen Brüchen kam, denn Robert hatte wirklich alles voll durchdacht, wusste, wie es zusammengehörte, und gab es so an den Autor weiter. Das war kolossal! Jetzt im Rückblick erkenne ich erst richtig, was für eine gigantische Arbeit er damit leistete.
Christian und Wim gehen es anders an. Sie inspirieren den Autor. Sie geben dem Autor natürlich auch die Handlung vor, das ist ja Sinn und Zweck und Notwendigkeit der Exposés, alle Ereignisse, die heftübergreifend von Belang sind, sind darin erfasst, damit sie vom Autor umgesetzt werden können. Daran hat sich nichts geändert, und das machen die beiden nicht weniger meisterhaft und für den Autor schweißtreibend wie Robert. Aber sie geben einem viel mehr Freiraum, so dass man wieder ins Fabulieren kommt – das ist eine große Stärke der beiden! Sie leiten einen an, sich als Erzähler voll einzubringen! Wirklich klasse!
Und das merkt man den neuen Romanen auch an, die Lust an teilweise sehr abgedrehten Ideen und ganz einfach am Erzählen war – glaube ich – bei den Autoren lange nicht mehr so ausgeprägt wie jetzt. Das ist das Verdienst von Christian und Wim!
MMT: Du hattest relativ viel Raum im Exposé, um dir deine eigene Umwelt zurechtzuschneidern. Magst du diese Freiheiten beim Schreiben?
Michael Nagula: Wie gesagt, ich mag diese Freiheiten sehr! Am Ende hatte ich sogar dermaßen viele Aspekte und Ideen, die ich einbringen und umsetzen wollte, dass mir der Umfang des Romans zu knapp geriet. Ich musste zuletzt eine ganze Menge kürzen – das ist mir noch nie passiert!
MMT: War das Manuskript 2733 denn ein einmaliger Ausrutscher oder hättest du Interesse, doch wieder öfter mal einen PERRY RHODAN-Roman zu verfassen?
Michael Nagula: Es hat mich erstaunt, wie leicht es mir fiel, diesen Roman zu schreiben. Und wie viel Spaß es machte. Es geschah völlig mühelos, als wären nicht sieben Jahre verstrichen seit meinem letzten PERRY RHODAN. Es war wie eine Heimkehr und fühlte sich super an.
Wenn es nach mir geht, würde ich gern öfter wieder einen schreiben, aber das habe nicht ich zu entscheiden. Diese Entscheidung trifft Klaus Frick – und letzten Endes trifft sie der Leser! Ich bin enorm gespannt, wie der Roman bei den Lesern ankommt!!!
MMT: Wie sieht es denn generell mit deiner Zukunftsplanung aus? Gibt es neben der Verlagsarbeit andere Projekte, die du vorantreibst?
Michael Nagula: Meinen Verlag gibt es jetzt seit Oktober 2005, und wir haben uns fest etabliert, sind – wie ich stolz sagen darf – einer der wichtigsten und beliebtesten inhabergeführten deutschsprachigen Verlage auf dem spirituellen Sektor geworden. Wir machen neben Büchern auch DVDs und CDs, die einen immer größeren Raum einnehmen. Und wir haben inzwischen einen Stab ganz hervorragender Mitarbeiter, auf die ich mich voll verlassen kann.
Das heißt, ich habe wieder mehr Zeit als früher zur Verfügung. Wie ich die genau nutzen werde, wird sich im Laufe des Jahres 2014 zeigen. Es gibt so viele Möglichkeiten, wir werden sehen …
Die Copyright der Photos liegt bei Michael Nagula.