Ich erinnere mich noch gut an den Postler, der die schweren Pakete mit Datenmaterial fluchend und schimpfend in den fünften Stock hochtragen musste, nachdem der Aufzug in meinem Haus wieder mal streikte. Er bereicherte an diesen Tagen meinen Wortschatz immens, und als ich ihm begreiflich machte, dass ich all diese Unterlagen benötigte, weil ich Autor werden wollte, sagte er zwischen zwei gekeuchten Atemzügen: »Suach dar a gscheide Hockn, Oida.« (Sinngemäß: »Such dir eine vernünftige Arbeit, guter Freund.«)
Nun, ich beherzigte den Rat des netten österreichischen Postbeamten nicht und begann, an meinem Manuskript zu arbeiten. Die Story ist in Grundzügen rasch erklärt: Raumschiff stürzt über unwirtlichem Planeten ab, die Besatzung muß sich behaupten, bis Rettung kommt.
Mir standen ein paar sehr nette Bordmitglieder zur Verfügung. Ich legte viel Wert darauf, diese Vertreter von mehreren Milchstraßenvölkern interagieren zu lassen und ihre Eigenheiten herauszuarbeiten. In mancherlei Hinsicht gelang mir das, einige Ansätze waren – rückwirkend gesehen – nicht so toll gewesen.
Es war für mich eine riesige Herausforderung, ein Heftmanuskript unter Profi-Bedingungen zu schreiben. Es galt, eine bestimmte Zeichenanzahl einzuhalten, dem Zeitdruck standzuhalten, den Inhalt des Expos so gut wie möglich umzusetzen und mit den Kollegen, die die Bände davor und danach verfaßten, so zusammenzuarbeiten, daß die Mini-Serie wie aus einem Guß wirkte. Ich schwitzte Blut und Wasser. Ich wollte nix falsch machen, meinen eigenen Stil unterbringen – und auch Humor in die Geschichte einarbeiten. Und das war wohl einer der kardinalen Fehler in meiner Erstversion.
Das mit dem Humor ist so eine Sache: Er wird nicht von jedermann akzeptiert (ich bekam mehrmals gesagt: »Science Fiction ist eine ernste Sache, junger Mann!«), und oft zünden Scherze nicht so richtig.
Wer kennt nicht den miserablen Erzähler, der seine Pointen absticht? Der zu stottern beginnt oder vergißt, worauf er hinauswill? – Schlecht vorgetragene Witze sind gräßlich. Auf Papier ist das alles noch viel schlimmer. Man kann ja immer wieder nachlesen, wie unbedarft ein Schriftsteller mit einem Thema umgegangen ist. Insofern bin ich dem damaligen Lektor sehr, sehr dankbar, daß er einige übertriebene Szenen aus meinem Manuskript »Gefangen im Hypersturm« rausgestrichen hat.
Dieser erste Vorgeschmack darauf, wie die Zusammenarbeit mit Lektor und Redakteur verlief, bereitete mir übrigens auch Probleme. Ich lebte ja meinen Größenwahn aus und meinte, daß mein Text zu intensiv bearbeitet worden wäre. Beinahe hätte ich das Mützel hingeschmissen und meine schriftstellerische Karriere beendet, bevor sie richtig in Schwung gekommen war. Aber so rasch wollte ich dann doch nicht aufgeben, also hab ich die eine oder andere Umänderung zähneknirschend in Kauf genommen.
Heute denke ich, daß ich gut daran getan habe. Ich bin nach wie vor nicht mit allem einverstanden, was Lektoren denn mit meinen Texten so machen. Aber, und das mußte ich erst begreifen lernen: Der Lektor ist niemals ein Feind, der meine Texte zerschnipseln, zerstören und nach seinem eigenen Gutdünken formen möchte. Von der Redaktion zum Lektor zum Innenillustrator zum Titelbildzeichner zum Autor stehen wir alle auf derselben Seite. Wir wollen dem Leser einen möglichst guten, spannenden Roman bieten.
Um zu dieser Erkenntnis zu kommen, benötigte ich noch einige Monate. Der ATLAN-Roman »Gefangen im Hypersturm« war also bloß der Anfang einer Reise, die für mich noch lange nicht zu Ende ist …