Dirk ist einer der produktivsten deutschsprachigen Phantastik-Autoren. Neben Beiträgen zu „Rettungskreuzer Ikarus“, einer Space Opera, arbeitet er am „Tentakelkrieg“-Zyklus, einer Reihe, die dem MIlitary-SF-Genre zuzurechnen ist. Und in der „Kaiserkrieger“-Serie beschäftigt er sich mit einer Alternativwelt-Geschichte, die im 4. Jahrhundert nach Christus angesiedelt ist. Zu seinem neuesten Werk „Kaiserkrieger Vigiles: Tod im Senat“ hab ich ihm einige Fragen gestellt.
MMT: Dirk, Du bist ein Vielschreiber und pendelst stetig zwischen mehreren Genres hin und her. Ist für Dich die Abwechslung bei der Schreibarbeit wichtig? Siehst Du in einem dieser Genres Dein wahres Zuhause?
Dirk: Abwechslung ist nicht wichtig, sie ist absolut notwendig – ich langweile mich nämlich extrem schnell über das, was ich schreibe. Deswegen habe ich ja sogar mit Fantasy begonnen! Das ist wirklich eher eine Schwäche von mir als eine Stärke: ich muss mich permanent mit anderen Dingen befassen, wenn ich kontinuierlich am bereits Begonnenen weiterarbeiten möchte. Deswegen schreibe ich auch immer an drei bis vier Manuskripten parallel, das hat nichts mit Arbeitswahn zu tun. Nach einem gewissen Pensum Schreibarbeit ödet mich ein Roman furchtbar schnell an. Wenn ich aber weiter arbeiten will, ist es besser, wenn ich in ein ganz anderes Universum springen kann, das wirkt dann wieder anregend und ich komme zu Ergebnissen.
MMT: Du arbeitest bevorzugt mit Guido Latz. Guido leitet einen der „großen“ Kleinverlage der deutschsprachigen Science Fiction, den Atlantis-Verlag. Der ist zweifelsfrei eine ganz wichtige Adresse für die Phantastik in all ihren Ausprägungen. Aber warst Du schon mal dran, es mit einem der großen Publikumsverlage wie Heyne, Bastei, Blanvalet etc. zu probieren?
Dirk: Ich habe damals den ersten „Kaiserkrieger“-Roman sowohl Heyne als auch Blanvalet angeboten, und beide hatten kein Interesse. Das war möglicherweise ein Fehler, denn ein Roman, der sich in einem Kleinverlag mit seinen begrenzten Möglichkeiten 7.000mal verkauft, wäre bei einem der Publikumsverlage wahrscheinlich noch besser gegangen. Aber ich habe da keine „bad feelings“ – ich werde bei Atlantis wie auch bei den beiden anderen Verlagen, bei denen ich unter Vertrag bin, hervorragend behandelt und habe Mitsprachemöglichkeiten, die ich sonst möglicherweise nicht hätte. Und das Geld stimmt mittlerweile auch, was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass im Ebook-Bereich zwischen den Großen und den Kleinen die Unterschiede doch stark verwischen. Über die Hälfte meiner Bücher verkauft sich elektronisch. Das ist das Gute am Ebook, das sonst ja so gerne kritisiert wird. Es nivelliert die Unterschiede. Wenn ich an die Quälerei denke, mit der sich Kleinverlage noch in den 90ern am Leben erhalten haben, ist das heute kein Vergleich mehr.
MMT: Lass uns zum eigentlichen Anlass dieser Unterhaltung kommen, zum ersten Band von „Kaiserkrieger Vigiles“ mit dem Titel „Tod im Senat“, der eben erst erschienen ist. Neue Leser, die sich in Deinem Kaiserkrieger-Universum zurechtfinden sollen, brauchen womöglich einige erklärende Worte von Dir. Wie würdest Du das Umfeld Deiner Geschichte in drei Sätzen erklären?
Dirk: Der Roman schließt zeitlich an das Ende des ersten Kaiserkrieger-Zyklus – also die ersten sechs Bände – an. Es handelt sich um einen Krimi, erzählt wird der Aufbau – und die Arbeit – der ersten römischen Kriminalpolizei unter Leitung eines der deutschen Zeitreisenden. Dass dabei indirekt auch die politische und technologische Entwicklung des sich radikal reformierenden Römischen Reiches weiter erzählt wird, ist auch klar.
MMT: „Tod im Senat“ ist in sich abgeschlossen, deutet aber ein größeres Thema an. Wird dieses Thema – das einer Suche nach einem ganz besonderen Mörder – denn die Klammer dieses Zyklus sein?
Dirk: Es wird kein Zyklus, sondern eine Reihe, und jeder Band wird erstmal in sich abgeschlossen sein, wobei manche Fäden sich natürlich auch durch mehrere Bände weben können. Der ganz besondere Mörder, auf den Du anspielst, wird eine Hauptrolle in Band 2 spielen.
MMT: Wie groß ist diese neue Kaiserkrieger-Reihe angelegt? Bleibst Du auf die Arbeit der „Cohortes Vigilum Novi“ und deren Leiter Arthur Ackermann fokussiert?
Dirk: Ich habe ihn gar nicht angelegt: ich werde neue Bände schreiben, so lange sich die alten einigermaßen verkaufen. Da die Kriminalfälle weitgehend in sich geschlossen bleiben werden, habe ich die Möglichkeit, an einem beliebigen Zeitpunkt zu enden oder weiter zu machen. Das hängt letztlich vom Zuspruch der Leser ab. Die CVN und mein römischer Maigret Ackermann bleiben aber im Zentrum aller Romane.
MMT: Ich persönlich habe mich beim Lesen von „Tod im Senat“ ausgezeichnet unterhalten gefühlt. Das hängt unter anderem mit den liebevoll gezeichneten Nebenfiguren zusammen. Besonders gut gefällt mir die Rolle der Flavia. Hattest Du von vorneherein mit ihr geplant, oder hat sie sich im Laufe der Schreibarbeit aufgedrängt?
Dirk: Ah, diese Frage kann nur jemand stellen, der die ersten sechs Kaiserkrieger-Romane nicht gelesen hat. Dort erschien Flavia nämlich bereits, und ihre Rolle war keine sonderlich positive. Ich habe aber viel Zuspruch zu ihr bekommen und fand, sie sei es wert, noch einmal aus der Versenkung geholt zu werden, auch als kleines Geschenk an die bisherigen Freunde des Zyklus. Flavia war daher von vorneherein geplant. Sie ist mein kleiner Joker, den ich immer mal wieder hervorholen werde, weil sie sehr ambivalent ist.
MMT: Wie groß ist denn der Recherche-Aufwand für Deine Kaiserkrieger-Romane? Mir scheint da einige Arbeit dahinter zu stecken.
Dirk: Als ich mit dem ersten und danach mit dem zweiten Sechsteiler anfing, habe ich erheblichen Rechercheaufwand betrieben. Darin lag auch schnell eine große Gefahr. Man verliert sich in der Recherche, man entdeckt so viele faszinierende, vor allem eben historische Details, die man dann unbedingt irgendwo einbauen möchte. Da besteht das Risiko, dass man aus Verliebtheit in die historischen Fakten vergisst, eine Geschichte zu erzählen. Ich bemühe mich daher – und ich übe da starke Selbstkontrolle! – das nicht ausarten zu lassen. Die Recherche muss der Geschichte dienen, nicht umgekehrt. Im Falle von Alternative History bedeutet das: Die Handlung soll den Anschein von historischer Authentizität erwecken, sie muss aber nicht historisch authentisch sein.
MMT: Was sind Deine persönlichen Pläne für die Schreib-Zukunft, wann soll es Lese-Nachschub aus dem Kaiserkrieger-Universum geben?
Dirk: Den Nachschub gibt es erstmal im „großen“ Kaiserkrieger-Zyklus. Ich habe Band 9 gerade beim Verlag abgeliefert und arbeite an Band 10. Danach werde ich mich frühestens an Vigiles Band 2 machen können. Parallel arbeite ich an drei weiteren Projekten: einer Trilogie für einen anderen Verlag, einer zwölfteiligen Romanserie, die ab Mitte 2016 monatlich bei Atlantis erscheinen soll und am ersten Band einer Trilogie, die ab 2017 die dann endenden „Tentakel“-Romane zu beerben hat. Parallel dazu überarbeite ich gerade meinen neuesten Beitrag zur Serie „Die Neunte Expansion“, die bei Wurdack erscheint, und ich übersetze einen bisher in Deutschland noch nicht publizierten „Earl Dumarest“-Roman des britischen Autors E. C. Tubb. Ich bin also fleißig.
Das Copyright der Bilder liegt bei Dirk van den Boom bzw. Atlantis Verlag/Timo Kümmel.
Fleißig ist da ja schon untertrieben. 🙂
Dazu kommt noch Dirks sehr lebendiger Blog, auf dem ich ebenfalls häufig zu Gast bin.