
Ich weiß, daß die Schnittmenge von PERRY RHODAN-Lesern und Fußball-Fans nicht sonderlich groß ist. Bei den PERRY-Autoren ist das doch ein bißl anders. Uwe Anton, Leo Lukas, Hartmut Kasper und ich finden immer wieder Themen zum Plaudern und zum Streiten, von den früheren Stammautoren waren Robert Feldhoff und Marc A. Herren besonders fußballaffin.
Bei der Leipziger Buchmesse letzten März hatte ich Gelegenheit, bei einer absurd grauslich schmeckenden Currywurst mit PERRY RHODAN-Kollegen Hartmut Kasper/Wim Vandemaan zu plaudern. Es ging nicht um die allseits beliebte Heftromanserie, sondern um Privates. Und da ist der Weg nie weit zum Thema Fußball.
Hartmut erzählte mir ein bißl was über seine Arbeit am Dokumentarfilm You’ll Never Walk Alone, über die Entstehung des Songs und seine historische Bedeutung. Meine Güte, ich hätte das Lied niemals mit dem ungarischen Dramatiker Ferenc Molnár und dessen großem Werk Liliom in Verbindung gebracht …
Nun, wie es genau dazu gekommen ist, daß seit 1963 You’ll Never Walk Alone die Hymne für alle Fans des FC Liverpool ist, das soll der Film erzählen, der seit einigen Tagen in bundesdeutschen Programmkinos läuft.
Es gibt aber auch eine Brücke vom Fußball zu PERRY RHODAN, die kaum jemandem bekannt sein dürfte. Dazu muß ich allerdings tief in der Geschichte der Serie kramen. Und auf den Roman mit der Nummer 376 zurückgreifen. Auf ein Lied namens I’m Forever Blowing Bubbles, das Perry Rhodan singen mußte, um die Selbstzerstörungsschaltung des Riesengebildes OLD MAN aufzuhalten. Und damit sind wir bei einem Song, der eine mindestens ebenso bewegte Vorgeschichte wie You’ll Never Walk Alone hat – und seit bald neunzig Jahren von den Fans von West Ham United gesungen wird.
I’m Forever Blowing Bubbles wurde im Jahr 1918 veröffentlicht, geschrieben von einem gewissen John Kellette und in einem Broadway-Musical namens The Passing Show of 1918 erstmals vorgestellt. Das Lied fand rasch Verbreitung, auch in Europa, und wurde zum Gassenhauer. Inspiration hatte Kellette bei einem Bild gefunden, das in der (Bild)Werbung für Pears‘ Soap (einer Seifenmarke, die seit 1807 verkauft wird) verwendet worden war. Sir John Everett Millais war übrigens Maler des Bildes des originären „Bubbles“ (1886).
Bei West Ham United kickte in den Zwanzigern des 20. Jahrhunderts ein Jugendspieler namens Billy J. Murray, der dem Kind auf dem Gemälde von Millais verflixt ähnlich sah – und man verpaßte ihm rasch den Spitznamen „Bubbles“.

Murrays Karriere als Spieler war vernachlässigbar. Nach allem, was ich rausgefunden habe, hat er nie für Kampfmannschaft West Hams gespielt. Doch das Lied fand seinen Weg von der Jugend zur ersten Mannschaft von West Ham, auch dank des späteren Managers des Teams, Charlie Paynter.
West Ham United war puncto Erfolg nie eine der ganz großen Mannschaften Englands, aber stets beliebt. Man ist vor kurzem ins Londoner Olympiastadion gezogen und kann einen Zuschauerschnitt von 56.971 vermelden. Immerhin hat man drei FA Cups und einmal den Europapokal der Pokalsieger gewonnen, zu einem Meisterschaftsgewinn hat es allerdings noch nicht gereicht.
West Ham ist eine Mannschaft der Arbeiterklasse, deren Sehnsüchte oftmals zerstört wurden und deren Hoffnungen wie Seitenblasen zerplatzten. Insofern paßt „Bubbles“ also recht gut zum Team. (Es gibt übrigens auch andere Versionen zur Legende, wie West Ham United to „Bubbles“ kam. Eine davon findet sich hier: John Simkin-Theorie.)
Noch ein Wort zur Verwendung von „Bubbles“ in PERRY RHODAN: Perry ist in Roman Nr. 376 die Version der Clark Sisters in Erinnerung. Diese Interpretation von Ann, Jean, Mary und Peggy Clark aus dem Jahr 1962 finde ich nicht sonderlich interessant. Der Roman wurde von Walter Ernsting/Clark Darlton geschrieben, und ob es eine Expo-Vorgabe von K.H. Scheer gab, kann ich nicht sagen. Ich vermute, daß einer der beiden während der Arbeit am Text zufällig das Lied hörte und es kurzerhand übernahm.
Wer das Lied nicht kennt und es einmal hören möchte, wird auf youtube gut bedient. Beeindruckt haben mich die mutmaßlich älteste Plattenaufnahme von Albert Campbell und Irving Gillette aus dem Jahr 1919: Campbell-Gillette-Version. Weiters eine von Vera Lynn, die den Song bereits in den Fünfzigern in ihrem Repertoire hatte und ihn im März 2017 als über Hundertjährige neu arrangieren ließ: Vera Lynn-Version. Und um auch die West Ham-Fans zu Wort kommen zu lassen: West Ham-Fans in Wembley. Weitere Interpreten waren u.a. Doris Day, Dean Martin oder die Punk-Band The Cockney Rejects.
Wenn du eine gute Currywurst essen willst, dann musst du den Ruhrpott besuchen. Und hier schlägt für die meisten ja auch das Herz des deutschen Fußballs.