Am 19. März 2019 erscheint der fünfhundertste MADDRAX-Heftroman. Ich habe zu diesem Anlass einige Interviews geführt. Heute ist „Mad Mike“ Schönenbröcher dran. Er ist seit Anbeginn der Redakteur der Serie, er hat sie miterfunden.
MMT: Mike, ich gratuliere dem Verlag und Dir ganz herzlich zum Erreichen der magischen Nummer 500 bei MADDRAX. Meines Wissens ist die Serie damit die Einzige, die nach der Jahrtausendwende gestartet wurde und immer noch im Rennen ist. Da stellt sich natürlich die Frage nach dem Erfolgsgeheimnis. Was steckt dahinter? Ist es der Genre-Mix? Der persönliche Enthusiasmus des zuständigen Redakteurs? Die Qualität der Autoren? Also los, verrat es uns!
Michael Schönenbröcher: Wohl von allem etwas, hauptsächlich aber der Genre-Mix. MADDRAX ist eben für jeden Phantastik-Fan etwas, vom SF-Liebhaber bis zum Horror-Fan, und dazwischen tummeln sich auch noch die Fantasy- und Abenteuer-Leser. Außerdem ist das Ganze mit Humor gewürzt, denn wir haben uns selbst nie zu ernst genommen. Ich denke da z.B. an die Zivilisation in Clauda Kerns Nach eigenen Regeln, die auf einem Star-Trek-Rollenspiel basiert, oder Jo Zybells Persiflage Die Erleuchteten zum Thema Verschwörungstheorien. Trotzdem hätten wir es uns im Februar 2000 nicht träumen lassen, etwas zu kreieren, das nun schon seit 19 Jahren zweiwöchentlich läuft, ohne ein Ende in Sicht.
MMT: Die Geschichte ist zwar schon einige Male erzählt worden, aber potenzielle Neuleser kennen sie vermutlich noch nicht: Wie kam es zur Entwicklung der Serie? Wie war das in den Anfangstagen, just zur Jahrtausendwende? Wer waren die Gründungsväter und wie war die Grundidee von MADDRAX?
Michael Schönenbröcher: Die Anfänge liegen noch viel weiter zurück, in der Comic-Serie ANDRAX von Jordi Bernet aus den 1970er-Jahren. Die habe ich als Kind verschlungen, und als nach einer Idee zu einer neuen Bastei-Romanserie gesucht wurde, habe ich sie adaptiert. Nur die Grundidee; MADDRAX hat sich dann ganz anders entwickelt. Witzigerweise hatte Jo Zybell zur selben Zeit fast denselben Gedanken, sodass wir uns beim Exposé der ersten Bände schnell einig wurden. Noch skurriler ist, dass die Serie anfangs Amber, 2500 a.D. heißen sollte, mit einer weiblichen Heldin. Mein damaliger Chefredakteur wollte aber einen Mann als Helden, und im Namen „irgendwas mit X“ (ohne dass er von ANDRAX wusste). Ich kam dann auf den Namen „Matt(hew) Drax“, und daraus entwickelte sich „Maddrax“. Die anderen AutorInnen haben später ihre eigenen Ideen eingebracht. Der Zeitstrahl zum Beispiel geht auf Wolfgang Hohlbein zurück, der ihn zum ersten Band des SpinOffs Mission Mars einfach ohne Rücksprache eingebaut hat; ich habe ihn dann übernommen und mit der Hauptserie verknüpft. Überhaupt lege ich viel Wert auf die Ideen des ganzen Teams; vor allem, wenn sich plötzlich Verknüpfungen zu alten Handlungssträngen ergeben, an die damals noch keiner gedacht hat. MADDRAX ist immer im Fluss und erfindet sich ständig neu.
MMT: Mit Band 500 beginnt ein neuer Abschnitt der MADDRAX-Saga. Ich glaube, wir verraten kein großes Geheimnis, wenn wir sagen, dass die Handlung zurück auf die Erde verlagert wird, nachdem in den letzten hundert Romanen der SF-Aspekt stärker betont worden war und die meisten Geschichten auf anderen Welten spielten. Ist es denn noch jene Erde, die die langjährigen Stammleser kennen? Gibt es Veränderungen, wird es wieder vermehrt „Reiseabenteuer“ geben?
Michael Schönenbröcher: Die Weisung, Matt in andere Welten zu schicken, ging auf meinen Chefredakteur zurück (nicht jener aus dem Jahr 1999), der auch schon mal PERRY RHOAN bei Pabel Moewig betreut und entschieden hatte, jetzt müsse was Neues her. Damit hatte er nicht unrecht, denn die Abenteuer auf der Erde begannen sich zu wiederholen. Das war aber auch ein Risiko, weil es eben nicht mehr „die dunkle Zukunft der Erde“ war. Wir haben dann ab der Mitte des Zyklus wieder Erd-Besuche einfließen lassen, und jetzt, mit Band 500, lassen wir die Fremdwelt hinter uns (wobei in Band 501 noch einmal dorthin ungeblendet wird, um letzte lose Fänden zu verknüpfen) und kehren auf die Erde zurück. Trotzdem wird das Sujet anders sein, denn wie schon gesagt: Wir wollen uns nicht wiederholen. Ich denke, die Thematik wird – wie immer – kontrovers unter den Fans diskutiert werden, bietet aber einen reichen Quell an neuen Ideen und Möglichkeiten. Wir müssen nur darauf achten, nach den ersten Bänden zum alten Flair zurückzufinden, das MADDRAX seit den Anfängen ausmacht. Reisen wird es natürlich auch geben, aber sie stehen nicht im Vordergrund.
MMT: Wie leicht wird denn der Einstieg mit Band 500 für Neuleser sein? Benötigt man viele Vorkenntnisse, um die Serie zu „kapieren“?
Michael Schönenbröcher: Prinzipiell ist MADDRAX eine Serie mit hohem „Einstiegspotenzial“, das ermöglichen die vielen Einzelabenteuer. Natürlich folgt alles einem roten Faden, der besonders in den letzten Bänden des 400er-Zyklus dichter gewoben werden musste, aber normalerweise ist der Neuleser nach drei, vier Romanen „drin“. Trotzdem ist so ein Zyklenbeginn natürlich die beste Möglichkeit, in eine Serie einzusteigen. Zumal wir in den Heften 500 und 501, beide verfasst von Sascha Vennemann, einen kompletten Rückblick abdrucken. Richtig gelesen: eine Rückschau auf 499 Romane! Die zusammenzufassen war nicht einfach, bietet aber jedem ein umfassendes Bild der Serie.
Man kann sich den Text ab dem 19. März auch auf der MADDRAX-Seite unter Luebbe.de downloaden.
MMT: Lass uns kurz über die Aufmachung von Band 500 sprechen: Wie wird das Jubiläum denn gefeiert? Gibt es besondere Gimmicks oder Überraschungen, hat der Roman Überlänge?
Michael Schönenbröcher: Durch den umfangreichen Rückblick hatte ich trotz einer Erweiterung des Heftes auf 80 Seiten (zum alten Preis!) für weitere Gimmicks nicht ganz so viel Platz; zu einigen hat es aber doch gereicht. So starten wir wieder ein Preisrätsel, diesmal ein Wortsuchspiel, bei dem es viele schöne Gewinne gibt. Auf der Leserseite lasse ich die Serie an sich Revue passieren. Und Matthias Kringe erfreut uns mit einem ganzseitigen Mad-Matt-Cartoon. Auch äußerlich macht der Jubiläumsband was her: Das geniale Cover von Néstor Taylor ist umlaufend und kommt als Glanzumschlag, mit demselben Motiv auf den Innenseiten als Mini-Poster. Der zweite Teil des Jubiläumsbandes (wieder mit 64 Seiten) bietet dann den Rest des Rückblicks und eine Risszeichnung. Und in Band 503 drucken wir eine Liste sämtlicher MADDRAX-Publikationen ab, in der Heftmitte zum Rausnehmen für alle Sammler, die damit auf den Flohmarkt gehen wollen.
MMT: Sascha Vennemann als ausgewiesener Kenner der Serie hat diesen Band geschrieben. Ich vermute, dass ihr beide bei diesem Roman sehr intensiv zusammengearbeitet habt. Wie ist denn die Aufgabenverteilung gewesen? Hat Sascha dir einen Handlungsvorschlag gemacht oder du ihm? War es diesmal anders als bei einem „normalen“ Romanmanuskript?
Michael Schönenbröcher: Klar, einen neuen Zyklus zu starten erfordert mehr Gegrübel als ein „normaler“ Roman, und unser Brainstorming, das ich zu jedem Band telefonisch mit dem jeweiligen Autor abhalte, dauerte diesmal schon ein paar Stunden inklusive etlicher Nachfragen. Schließlich sollte dieser Band eine runde Sache werden und gleichermaßen Alt- wie Neuleser ansprechen. Die ersten Leserbriefe (an maddrax@luebbe.de schicken!) werden zeigen, ob uns das gelungen ist; ich bin guter Dinge. Die Grundidee kam dabei gar nicht von uns; die hatte Oliver Fröhlich schon Monate vorher ins Spiel gebracht, als ich in einem Rundschreiben um Vorschläge zum neuen Zyklus bat.
Mich hat es ganz besonders für Sascha gefreut, dass er diesen Jubiläumsband übernommen hat, denn er kam als Fan zur Serie, las sie jahrelang nur, beteiligte sich als „Andronenreiter“ im Forum und versuchte sich dann als Autor. Und das so gut, dass gleich sein zweiter Roman (der erste war ein STERNENFAUST) als MX 269 („Andronenreiter“) veröffentlicht wurde. Die Aufgabenverteilung war so wie immer: Erst gemeinsames Brainstorming, dann schrieb Sascha ein Grob-Expo, dann das Kapitelexposé, über das ich noch mal drübergegangen bin, und schließlich den Roman selbst. Das Covermotiv entstand nach einer gemeinsamen Idee.
MMT: Lass uns über Band 500 hinausblicken: Wie groß ist der Rahmen für den nächsten Zyklus? Arbeitet ihr bereits auf den 600. Roman hin oder gar darüber hinaus? Was dürfen sich Leser in den nächsten Jahren von MADDRAX erwarten?
Michael Schönenbröcher: Nach den 100 Bänden des „Fremdwelt-Zyklus“ gehen wir es jetzt wieder dezenter an; der neue Zyklus wird 50 Nummern umfassen und in eine Situation münden, die bereits als Epilog in Band 500 angedeutet wird. Natürlich haben wir auch wieder das Logo leicht geändert, wie zu jedem Zyklenbeginn. Insofern denken wir schon jetzt in Richtung MX 600, konkret aber „nur“ bis 550.
MMT: Zum Abschluss möchte ich mit dir einen kurzen Blick über den MADDRAX-Tellerrand hinaus machen. PERRY RHODAN hat eben den 3000. Roman der Erstauflage gefeiert. Das ist ein gewaltiger Erfolg, da sind wir beide uns sicherlich einig. Hast Du denn selbst einmal RHODAN gelesen? Hat die Serie in irgendeiner Form Vorbildwirkung? Wie siehst Du denn die „Konkurrenz“?
Michael Schönenbröcher: Auch ich möchte es natürlich nicht versäumen, dem „großen Bruder“ Perry zum Jubiläum zu gratulieren! Großartige Leistung! Tatsächlich habe ich damals die ersten 150 Romane in der 4. Auflage, die ersten 20 Taschenbücher und zehn Silberbände gelesen und war ein so großer Fan, dass ich mit einer PR-Anstecknadel am Revers zum Vorstellungsgespräch bei Bastei kam. Ein Vorbild für MADDRAX war PERRY RHODAN aber nie; einfach deshalb, weil die Serien zu verschieden sind. Selbst wenn Matt Drax auf anderen Planeten oder Monden weilt, ist die Science Fiction nur hintergründig präsent. Auf Raumschlachten und die Forschungsreisen ins All haben wir immer verzichtet, „Technobabbel“ war auch nie ein Thema. MADDRAX blieb – selbst im Ringplanetensystem des 400er-Zyklus – bodenständig. Die meisten Geschichten dort hätten auch auf der postapokalyptischen Erde spielen können. Insofern sehe ich MX nicht als direkte Konkurrenz zu PR, eher als Alternative für alle Fans, die eben nicht nur technische SF lesen wollen, sondern die „dreckige“ Variante, die in einer dunklen, fast mystischen Zukunftswelt spielt, in der auch mal Drachen auftauchen, Barbaren oder moderne Vampire und Wolfsmenschen, dann aber auch wieder ein Zeitstrahl vom Mars, Wurmlöcher oder ein „zeitloser Raum“, in dem zukünftige Menschen in Parallelwelten reisen. Die volle Bandbreite der Phantastik eben – und ein Konzept, mit dem wir hoffentlich auch in unserer ganz persönlichen Zukunft Erfolg haben werden.
Die Bilder sind ©Bastei-Lübbe bzw. Michael Schönenbröcher
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