Ich nähere mich grad dem Ende eines Heftroman-Manuskripts. Ich muß noch etwa ein, zwei Tage Arbeit investieren, dann kann ich mit dem Korrekturlesen beginnen. Und das wird mich, wie so oft, vor einige Schwierigkeiten stellen.
Es gibt für Heftromane eine Normlänge. Bei PERRY RHODAN sollten es so ca. 180.000 Anschläge incl. Leerzeichen sein. Mit jetzigem Stand bin ich allerdings schon bei 183.773 Anschlägen – und es werden noch etwa 15.000 hinzukommen.
Ein Teil der Überlänge kann im Heftroman-Format durch kleine Tricks aufgefangen werden, die der Leser nicht auf dem ersten Blick bemerkt. Doch wenn 200.000 Anschläge erreicht sind, wird’s knapp. Da muß ich definitiv kürzen. Eine Aufgabe, die Schmerz bereitet, dem Text aber meist gut tut.
So weit die – sorry, etwas lange – Einleitung. Worauf ich eigentlich zu sprechen kommen wollte, ist die Schwierigkeit, die Expo-Vorgaben zu gewichten und passend zu verteilen. Ein Expo umfaßt stets technische und erklärende Vorgaben, die im Fließtext untergebracht werden müssen. Funktionen müssen erklärt werden. Wozu dient diese ganz bestimmte Stadt, welche Aufgabe hat diese oder jene Person.
Andererseits werden Settings oder Personen dem Autor mit dem Vermerk Eigendesign zur Verfügung gestellt. Da greift Autor schon mal gerne zu und macht was aus „seinen“ Figuren, Orten, Gegebenheiten. Und übersieht gerne, daß darüber hinaus die Expo-Vorgaben abgearbeitet werden müssen.
In so einer Situation stecke ich grad: Ich hab mich intensiv um die kleine Welt gekümmert, die „mir“ gehört, auch um eine nette Nebenfigur – und habe nun, zum Ende hin, viel zu viel Expo-Text unterzubringen.
Gegen Ende einer Geschichte soll das Tempo durchaus angezogen und der Leser gefordert werden. Aber es geht halt auch um Rhythmus und Gewichtung. Eine Story darf nicht über zwei Drittel des Romans hinweg dahinplätschern, um dann viel zu spät Fahrt aufzunehmen. Sie benötigt Zwischenhöhepunkte, kurze Erholungsphasen, neu geweckte Emotionen, unerwartete Wendungen, neue Rätsel, neue Aufgaben. Sie muß die Neugierde des Lesers aufrecht erhalten, muß Spannung erzeugen, auf die Auflösung vorbereiten.
Wenn ich also in den nächsten Tagen an den Korrekturen sitze, wird es eine der dringlichsten Aufgaben sein, auf den Rhythmus zu achten. Was bedeutet: möglicherweise in den vorderen zwei Dritteln die Handlung zu straffen und gegen Ende hin geringfügig zu strecken.
Interessanter Einblick!
Was das Kürzen betrifft: Ergibt sich das nicht auch aus dem Lektorat? Da wird doch sicher auch noch der eine oder andere Satz – oder Absatz – rausgestrichen. Oder ist das bei PR nicht so?
Natürlich. Aber ich werd nicht einen Text abgeben, der von vornherein viel zu lang ist bzw. einen, von dem ich selbst weiß, daß er noch nicht paßt. Solche Korrekturen liegen im Bereich der Eigenverantwortung.
Ja klar, wenn etwas noch nicht passt, sollte man einen Text grundsätzlich nicht weitergeben, wenn es sich vermeiden lässt.
Wie ist es denn, wenn der abgelieferte Text 180.000 Anschläge umfasst und im Lektorat auf beispielsweise 170.000 oder 160.000 gekürzt wird? Wie groß ist die Toleranzgrenze nach unten?
Ich gebe den Text gerne mit etwas mehr Anschlägen ab, so daß Kürzungen möglich sind. Ich glaube, bei den meisten Kollegen ist es ähnlich. Mir ist es noch nicht passiert, daß ein Text letztlich zu kurz geraten wäre. Ich vermute, daß ich dann etwas nachliefern müßte.
Ja, so mach ich das auch – so hatte ich es beim ersten Kommentar auch gemeint. Kürzen ist meist leichter als Hinzufügen, weil das Hinzugefügte sich ja nicht wie überflüssig bzw. aus Verlegenheit Hinzugefügtes lesen soll. 😉