Während der kommenden Wochen erzähle ich über die Arbeit an meinem nächsten PERRY RHODAN-Roman. Diese kleine Blog-Serie soll über die einzelnen Arbeitsschritte, über Leid und Freud beim Schreiben informieren, über Hemmnisse und Hindernisse und Erfolgserlebnisse.
Das heutige Thema betrifft hauptsächlich Autoren wie mich, die strukturell ungeordnet arbeiten. Kollegen, die sich von vornherein ein eigenes, dichtes Expo erstellen, sind auf dieses Problem viel besser eingestellt. Ich rede vom Nach-hinten-arbeiten.
Das Schreiben hat natürlich viel mit Kreativität zu tun. Bei PERRY RHODAN geht’s nicht, wie schon öfter mal von Fans vermutet, um Malen nach Zahlen. Die Vorgaben, die uns von den Expokraten zur Verfügung gestellt werden, sind Richtlinien, die in Handlung umgesetzt werden müssen. Oft sind diese Vorgaben technischer Natur oder es geht um Fakten, die im Text unbedingt vorkommen müssen. Das Wie bleibt uns Autoren zum Großteil überlassen.
Nun gehöre ich zu jenen Autoren, die es gerne mal „laufen lassen“ und sich um Probleme erst dann kümmern, wenn sie im Text auftauchen. Kollegen von mir zäumen das Pferd von der anderen Seite her auf und schreiben sich selbst ein wasserdichtes Handlungs-Expo, das stringent und logisch ist, bevor sie mit der eigenen Schreibarbeit loslegen. In ihren Expos sind bereits die Grundlagen für alle Spannungselemente eingebaut. Sie wissen ziemlich genau, was sie schreiben werden, bevor sie den ersten Buchstaben ihres Manuskripts getippt haben. Ich bewundere das, aber ich kann so leider nicht arbeiten.
Bei meinem Vorgehen ergeben sich immer wieder Probleme mit der Logik, mit den inneren Zusammenhängen. So habe ich während der letzten Tage die im Expo erwähnte Figur Karlo (Text zu Karlo) sehr stark betont und, um ihr ein Gegengewicht und einen Sprechpartner zu geben, die Figur Minnie (Text zu Minnie) erfunden. Karlo ließ sich problemlos in die Handlung einfügen, Minnie hingegen stellte für mich eine Unbekannte dar. Eine, die nicht einfach so auftauchen konnte. Ich mußte sie erklären, ich mußte ihr einen Hintergrund geben. Und als diese neuen Informationen in den Text eingeflossen sind, ergab sich auf einmal ein ganzer Rattenschwanz an neuen Schwierigkeiten.
Ich konnte Minnie nicht wie eine dea-ex-machina ins Manuskript reinschreiben, denn mit ihrem Erscheinen wurde das Umfeld, in dem die Geschichte spielt, viel „breiter“.
Neue Fragen ergaben sich, wie zum Beispiel: Aus welchem gesellschaftlichen Umfeld kommt sie eigentlich, was kann Minnie, was ist ihre Rolle, was ist von ihr zu erwarten?
Also hab ich im Manuskript nach hinten gearbeitet und Stellen gesucht, an denen ich auf Minnies Erscheinen und ihre Funktion im Roman (so gut wie möglich) versteckte Hinweise geben konnte.
Wenn man im Schreibfluß drin ist, kennt man das eigene Manuskript natürlich recht gut und weiß, wo man ansetzen muß. Dennoch ist es oft mühsam, im Rückwärtsgang die passende Stellen zu finden. Bezüge in der Handlung verändern sich möglicherweise durch Einfügungen, man muß bei Korrekturen und Ergänzungen des bereits geschriebenen Textes vermehrt auf Wortwiederholungen achten und manchmal geht es auch um den Ton/die Sprache, die angepaßt werden müssen. Das alles klingt in der Theorie nach komplexen Abläufen, geschieht aber meist intuitiv.
Aber es ist auch schon mal vorgekommen, daß sich eine nachträglich eingeführte Figur wie Minnie nicht einfach so erklären ließ. Dann mußte ich großflächig umschreiben – und dann wurde es so richtig häßlich. Das waren so die Tage, an denen ich viel lieber Straßenkehrer denn Autor geworden wäre.
Bei Minnies Hintergrund klappte es halbwegs. Aber ob der Text denn wirklich homogen ist und frei von Logikfehlern, wird sich erst weisen, wenn ich das Wort „Ende“ getippt habe. Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg.
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