Der Arbeitsalltag

Weil vor kurzem ein Leser die spaßhaft gemeinte Frage gestellt hat, ob ich als Autor denn „wirklich was arbeite“, möchte ich mal eine Aufstellung über meine täglichen Aktivitäten machen. Wie teile ich mir meine Zeit ein, was ist für einen Schriftsteller denn so alles zu tun?
Wohlgemerkt: Dabei handelt sich’s um eine Momentaufnahme. Das kann in einem halben Jahr schon wieder ganz anders aussehen.

Ich bin Langschläfer und komme meist erst um zehn Uhr vormittags auf Touren. An Schreiben ist noch lange nicht zu denken, die Gedanken sind noch verfilzt, kleben zusammen. Also beginne ich mit Routinearbeiten.

  • Ich kümmere mich um Mails und beantworte sie. Gesamtaufwand pro Tag etwa eine halbe Stunde. Fans, Kollegen, Lektoren warten auf Reaktionen von mir bzw. muß ich bei Serienromanen wie bei PERRY RHODAN immer wieder selbst aktiv werden, mich mit Kollegen über die Handlung abstimmen.
  • Ich betreibe die üblichen Social Media-Aktivitäten. Ich habe sie zwar vor einer Weile stark eingekürzt, aber sie knabbern dennoch eine halbe Stunde Zeit pro Tag weg.
  • Für die Betreuung meiner Homepage veranschlage ich derzeit 15 Minuten im Schnitt.
  • In diesem Jahr veranstalte ich drei Schreibcamps. Es ist ja nicht so, daß die Arbeit bloß während der Veranstaltung selbst anfällt. Zimmer müssen gebucht, die Anreise koordiniert, Kontakte aufrechterhalten werden. Ich kümmere mich um die Zahlungseingänge, schreibe Erinnerungen, lese Texte von Interessierten durch, beantworte Anfragen aller Art. Im Schnitt wird’s derzeit wohl eine Stunde sein, die mich die Vorbereitung auf die Schreibcamps kostet.
  • Eigene Projekte stehen an. Immer. Sie beschäftigen mich in Gedanken, müssen niedergeschrieben werden. Derzeits sind’s die geplante Zusammenarbeit mit einem Zeichner, die Vorarbeit für eine Kurzgeschichte, die Skizzierung einer längeren Erzählung, die Fein-Ausarbeitung eines Expos, die Erarbeitung einer Idee. Dazu gehören auch völlig spinnerte Sachen, die zu neunzig Prozent eh nix werden. Aber man muß halt stets in viele Richtungen denken.
    Veranschlagte Zeit dafür: eine bis eineinhalb Stunden pro Tag
  • Die Arbeit an einem konkreten Exposé. Etwa eine halbe Stunde.
  • Ab und zu schreibe ich Bücherrezensionen für ein eBook-Portal. Diese Rezis müssen geschrieben und die Bücher erst einmal gelesen werden.
    Normalerweise könnte man das Lesen unter „Freizeit“ einordnen. Aber es gibt immer wieder Werke, die ich gar nicht so gerne mag. Ich fühle mich dennoch verpflichtet, sie bis zum Ende durchzulesen. Könnte ja sein, daß der Stil nicht so sehr meinem Geschmack entspricht, daß die Story selbst aber der absolute Bringer ist und ich zum Schluß total überrascht werde. Zeitaufwand: eine halbe bis eine Stunde pro Tag.

Das sind grob vier bis fünf Stunden pro Tag. Manche dieser Arbeiten erfordern nicht allzu viel Grips, andere sind geistig ermüdend. Wer selbst einen Kreativjob hat, weiß, daß einem die Ideen nicht immer zugeflogen kommen. Man muß sie oft genug aus dem Kopf rauswringen – und das kostet Energie.

Tscha, und dann beginnt erst die eigentliche Schreibarbeit, an sechs bis sieben Tagen die Woche.
Wenn wirklich alles optimal läuft und mir das Thema taugt, habe ich mein Schreibziel in fünf bis sechs Stunden erreicht. Wenn es eher zäh zugeht, die Geschichte sehr rechercheintensiv ist oder ein Abgabetermin naht, läuft es auf acht bis zehn Stunden pro Tag hinaus. Auch Tage mit sechzehn Stunden Schreibarbeit sind keine Seltenheit (dann fällt allerdings alles andere weg, dann wird auf Teufel-komm-raus getippt).

Ich bin kein sonderlich konzentrierter Arbeiter und ich lasse mich auch gerne ablenken. Es gibt Kollegen, die schreiben in der Hälfte der Zeit so viel wie ich. Ich bin auch kein zwanghafter Schreiber, der seinen Ideen zu Papier bringen muß. Ganz profan gesagt: Die Schriftstellerei ist für mich der bestmögliche Weg, meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Um das durchzuhalten, muß ich mit Lust und Laune schreiben – und dabei so gut wie möglich sein.
Und ich muß darauf achten, mit der Menge der Aufgaben zurecht zu kommen und nicht in Gefahr zu geraten, frühzeitig „auszubrennen“. Der Beruf als Autor erfordert nun mal keine Sprint-Qualitäten. Wir sind Marathonläufer, die jahrzehntelang unterwegs sind und unsere Gehirne ganz schön beanspruchen.

Der Arbeitstag endet für mich meist zwischen zwei und vier Uhr morgens (die Zeit um Mitternacht ist für mich die kreativste). Da wird es hoffentlich jedermann einsehen, daß ich am nächsten Morgen erst wieder gegen zehn Uhr in die Gänge komme …

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