Herzensjob

(Ein Gastbeitrag von Tanja Bruske-Guth.)

Es gibt Autorenkollegen, die bezeichnen den Job, den sie hauptberuflich ausüben, als „Brotjob“. Damit wollen sie ausdrücken, dass sie damit nur ihren Lebensunterhalt verdienen, aber doch eigentlich ihre Berufung als Autor sehen.

Bei mir ist das anders. Ich bin unheimlich gerne Autorin und freue mich, dass ich seit vielen Jahren auch veröffentlicht und gelesen werde. Meinen „Brotjob“ als Redakteurin habe ich jedoch genau so gerne, auch wenn man als Journalist heutzutage eher der Depp vom Dienst ist und gerne der „Fakenews“ bezichtigt wird.

Und dann habe ich da noch einen Job, der vielleicht momentan der Wichtigste davon ist: Ich bin Mutter. Meine Töchter sind acht und zwei Jahre alt, und natürlich sind sie die bezauberndsten und perfektesten Wesen auf der ganzen Welt. (Das muss ich schreiben, weil man das als Mutter eben sagt. In Wahrheit sind sie ganz normale Kinder mit ihren Ecken und Kanten, die einen mehrmals pro Woche – ach was, pro Tag! – in den Wahnsinn treiben und mein Leben deshalb zu einem Abenteuer machen. Aber das ist ein anderes Thema…)

_MG_1798Ich werde oft gefragt (tatsächlich auf fast jeder Lesung) wie ich das gestemmt bekomme: Familie, Beruf und Autorendasein. Ich verrate jetzt ein Geheimnis: Eigentlich ist es gar nicht so schwer. Du musst nur zwei Dinge dabei beachten. Du musst ein gewissen Maß an Disziplin mitbringen und Du musst das Schreiben so sehr lieben, dass es keine Arbeit ist, sondern wirklich das, was du am allerliebsten machst. (Abgesehen davon, auf dem nackten Bauch Deines Kindes zu blubbern, bis es vor Kichern gluckst. Es gibt einfach nichts, das dieses Geräusch toppen kann…)

Ich gebe zu, es war einfacher, Journalistin im Hauptberuf und Autorin im Nebenberuf zu sein, als ich noch keine Kinder hatte. Damals hatte ich eine 40-Stunden-Woche und schrieb in meiner Freizeit, also meisten am Abend oder am Wochenende, immer wenn ich Zeit und Lust hatte. Das war kein Problem, da ich eigentlich immer Lust zum Schreiben und genug freie Zeit hatte. Wenn mein Mann Abends vor dem Fernseher saß und Fußball schaute, saß ich neben ihm und schrieb am Laptop. Ja, das kann ich. Der Vorteil einer Redaktion im Großraumbüro: Man lernt, zu filtern. Ich schaute höchstens mal auf, wenn er frenetisch „Tor!“ jubelte, und das kam vor zehn Jahren bei der Eintracht nicht all zu oft vor.

Heute ist das anders. Heute habe ich eine 168-Stunden-Woche: 20 Stunden in der Redaktion, der Rest als Krankenschwester, Animateurin, Modeberaterin, Friseurin, Trösterin, Köchin, Bäckerin, Taxifahrerin und was man noch so alles zu tun hat mit zwei unternehmungslustigen Kindern. Ich schreibe an den Vormittagen, an denen ich nicht in der Redaktion bin; wenn die Kinder sich in Schule und Kindergarten tummeln und es zufällig gerade keine Arbeiten im Haus, Arzttermine oder Einkäufe zu erledigen gibt. Manchmal, ja manchmal schreibe ich auch noch Abends. Meistens liege ich da aber schlafend neben meinem Mann auf der Couch – mit einer Zweijährigen muss man die Stunden Schlaf nutzen, die man kriegen kann…

Die wunderbare Kathrin Lange, bei der ich mehrere Seminare besuchen durfte, hat mir einmal den Tipp mit dem roten Halstuch gegeben: Als ihre Kinder noch kleiner waren, hatte sie ein rotes Halstuch, und wenn sie das trug und schrieb, wussten ihre Jungs, dass sie nur stören durften, wenn es um Leben und Tod ging.

Liebe Kathrin, ich habe es versucht. Das Problem ist: Meine Mädels sind sehr hartnäckig. Dazu kommt, dass beide aufrichtig davon überzeugt sind, dass das, was sie zu mir treibt, IMMER mit Leben und Tod zusammen hängt. Mindestens. Wenn nicht, dann mit ewiger Verdammnis.

Aber es klappt mit dem Schreiben trotzdem ganz gut. Ich erwähnte vorhin das Stichwort Disziplin. Wenn ich an Auftragsarbeiten sitze, stelle ich mir ein tägliches Mindestpensum als Aufgabe, das ich dann auch einzuhalten versuche. In so einem Fall muss auch mal der Haushalt zurückstecken, die Bügelwäsche stehen bleiben. Dann bleiben die Fenster eben ungeputzt, und dann wird diese Woche eben mal nicht gesaugt (mit Kindern saugt man ohnehin eher nach Bedarf – also je nach verschütteten Keksen und herunter geworfenen Gläsern alle zwei bis drei Tage an verschiedenen Stellen des Hauses). Es funktioniert. Neulich habe ich an einem Tag 25.000 Zeichen geschafft. Und das war ein ganz normaler Werktag, an dem meine Kinder nicht auf Klassenfahrt oder bei den Großeltern waren. Wenn’s flutscht, dann flutschts. Und wenn nicht, dann eben nicht, auch damit muss man entspannt umgehen.

Wenn ich an meinen eigenen Projekten sitze, bin ich etwas entspannter. Aber nur ein bisschen. Dann stelle ich mir zum Beispiel kein Tages- sondern ein Wochenpensum.

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Siegerin beim Wettlesen um den Titel des „Stadtschreibers von Eggenburg“.

Ich probiere, meine Honorararbeiten zu planen und meine Deadlines zu halten. Natürlich geht das nicht immer. Das Leben macht seine eigenen Pläne. Wenn die Kleine krank wird, bleibt das Manuskript ein paar Tage liegen. Wenn die Große Probleme mit ihren Mathehausaufgaben hat, höre ich auf zu recherchieren und setze mich mit ihr zusammen hin (auch wenn ich mir wirklich wünschen würde, dass sie weniger oft mit Mathe und mehr mit Deutschproblemen zu mir kommen würde, aber leider kommt das Kind nach mir).

Aber irgendwie werden meine Texte doch immer rechtzeitig fertig. Und was mir das Wichtigste ist: Ich habe noch immer Spaß am Schreiben. Ich liebe alle meine drei Jobs, uneingeschränkt. Keiner davon ist ein Brotjob – es sind alles Herzensjobs.

Und ich glaube, das ist das eigentliche Geheimnis.

 

Tanja ist Journalistin, schreibt historische Romane und ist Autorin bei der Serie MADDRAX. Mehr Infos über sie gibt es hier: Homepage Tanja Bruske-Guth

 

 

Die Photos 1 und 2 sind ©Tanja Bruske-Guth.

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