Wie die meisten von euch wissen, befinde ich mich auf einer ausgedehnten Motorradtour, als „Altes Eisen auf Reisen“. Ich bin seit nunmehr sieben Monaten unterwegs und habe in dieser Zeit etwa 33.000 Kilometer zurückgelegt.
Nun, es ist nicht immer nur ein Vergnügen für mich. Ganz im Gegenteil. Die Reise fordert mich ganz schön. Aber das wusste ich von vornherein – und ich wollte dieses Abenteuer haben. Unbedingt.
Auf Patreon hat mir jemand einige Fragen gestellt. Wie das denn so wäre mit dem Arbeiten. Es ging hauptsächlich um die Voraussetzungen, die ich mir schaffe, um Tag für Tag ein gewisses Soll beim Schreiben erledigen zu können. Fragen und Antworten habe ich euch hier nochmals zusammengestellt. Vielleicht interessiert euch der Text ja …
Ich habe übrigens auch eine Menge Bilder online gestellt, die ein bisschen was über meine Fahrten erzählen. Sie sind unkommentiert. Einige der Orte werdet ihr womöglich erkennen. Wenn ihr Fragen dazu habt – stellt sie mir gerne im Kontaktformular auf dieser Seite oder über scrapid@gmx.at.
Die Bilder findet ihr hier: https://mmthurner.wordpress.com/alte-eisen-auf-reisen/juli-2021/
Wenn ihr überlegt, mich via Patron auf meiner Reise unterstützen zu wollen (und dafür Gegenleistungen bekommen wollt) – hier findet ihr mehr Informationen dazu: https://www.patreon.com/MichaelMarcusThurner?fan_landing=true
Und nun die Fragen und Antworten zum Thema „Unterwegs arbeiten“. Viel Spaß!
F: Hast du immer genug Strom für das Notebook?
A: Fast immer, ja. Im letzten Sommer, als ich hauptsächlich auf Campingplätzen oder überhaupt in freier Wildnis unterwegs war, reichte die Stromladung für fünf, sechs Stunden Arbeiten. Dazu habe ich eine kräftige Powerbank bei mir, mit der ich das gute Ding zweimal aufladen kann. Auf den Campingplätzen gibt es oftmals Steckdosen, an die ich mich dranhängen kann. Hier kommt mir die Pandemie zugute: Die Campingplätze sind nicht unbedingt überfüllt, ich habe bis jetzt immer eine freie Steckdose gefunden. In Hotels oder Bed & Breakfast ist das überhaupt kein Thema, allerdings ist es gut, dass ich hier in Italien einen Universalstecker mit dabei habe.
Zwei Problemchen habe ich, die ich in absehbarer Zeit lösen muss:
1) Der Akku des Laptops hat deutlich nachgelassen. Nach drei Stunden geht mir der Saft ohne Ladekabel aus. Ich werde mir also einen neuen Akku einpflanzen lassen müssen.
Ich nutze ein MacBook Air Baujahr 2014 und habe dafür in Wien einen Guru, der wahre Wunder bewirken kann.
Ganz generell habe ich mir ein Sicherheitsnetz an Leuten aufgebaut, das mich bei den meisten Problemen auffängt. Auch das ist Teil meiner Reise: Ich kann auf kompetente Leute zurückgreifen, die mich in jeder Lebenslage unterstützen.
2) Die Bordsteckdose des Motorrads spinnt. Ich kann mein Handy während der Fahrt nicht mehr laden. Aber auch hier kann ich auf eine – zweite – Powerbank zurückgreifen, die ich dann am Abend in meinem Nachtquartier auflade.
F: Findest du immer ein ruhiges Plätzchen zum Schreiben?
A: Ja. Ich bin da sehr anspruchslos. Manchmal nehme ich Zimmer, die keinen Schreibtisch haben. Dann muss ich am Bettrand sitzend arbeiten, und das macht eher wenig Spaß. Aber liegend geht noch weniger, da kommt meist gleich die große Müdigkeit.
Wenn sich die Gelegenheit ergibt, arbeite ich auch im Freien. Das große Thema bei Sonnenschein ist die Helligkeit, dieses Problem wird eh jedermann kennen.
F: Kommt dann sofort die Kreativität?
A: Ha. HA!
Schön wär’s. Es dauert oftmals Stunden, bis sich irgendwas bei mir tut. Das hat aber hauptsächlich mit meinem mangelnden Willen zur Disziplin zu tun. Der kehrt nur dann zurück, wenn die Abgabetermine knapp werden oder überhaupt schon überschritten sind. Dann kann ich echt brav sein.
Ich habe das riesige Glück, dass ich Schreibblockaden nicht kenne. Ich hatte so etwas noch nie. Ich weiß, dass ich schreiben muss, um das notwendige Geld zu verdienen. Also setze ich mich hin und beginne völlig mechanisch zu arbeiten. Und sobald der erste Buchstabe geschrieben ist, setzt das kreative Denken ein.
Das ist eine Gabe, für die ich sehr, sehr dankbar bin. Aber sie hat auch Nachteile: Ich kann kaum etwas vorausplanen; es geschieht alles erst während des eigentlichen Schreibprozesses. Konzepte zu entwerfen, Expos zu schreiben, die verschlungenen Wege eines Textes vorzuzeichnen – das ist eine unglaubliche Plage für mich.
F: Bist du wegen deiner Sorgen und Reiseprobleme vom Schreiben abgelenkt?
A: Die kurze Antwort lautet: Nein.
Und hier die längere: Habe ich ein Problem während der Reise beziehungsweise mit dem Motorrad, bin ich erst einmal völlig erschlagen und leer im Kopf. Ich brauche ein wenig Zeit, um wieder zu mir zu kommen und das Problem aufzuarbeiten. Das funktioniert dann aber recht gut, außerdem kann ich mir ja via Mail oder Telefon Ratschläge einholen, siehe oben.
Diese Sorgen erzeugen Aufregung und machen ein bissl müder als sonst. Aber ich schließe alles weg, sobald ich mit der Schreibarbeit loslege. Ich lagere meine Sorgen irgendwo in meinem Hinterkästchen ab, in irgendeiner Lade. Wo ich sie irgendwann mal hervorziehe und eine Geschichte draus fabriziere. Das ist schließlich Teil meiner Jobbeschreibung: Aus einem Floh einen Elefanten zu machen – und den Lesern zu verkaufen. 🙂
F: Merkst du einen Unterschied zur Schreibarbeit daheim?
A: Jein. Ich schreibe weniger, wenn ich unterwegs bin. Und die Anbindungen funktionieren manchmal nicht so gut. Also die Übergänge zwischen dem, was ich gestern geschrieben habe und das ich heute fortsetze, müssen meist stark geglättet werden.
F: Ist es mühsamer oder leichter als daheim?
A: Diese Frage könnte ich nicht beantworten. Auch daheim ist es manchmal anstrengend und manchmal leicht. Es ist einerlei, ob ich am Schreibtisch sitze oder unterwegs bin: Es gibt gute und es gibt schlechte Tage.
F: Denkst du während der Fahrt über Plot und Charaktere nach?
A: Gute Frage. Darauf hatte ich eigentlich gehofft, als ich weggefahren bin. Ich muss da ein wenig ausholen:
Ich habe sechs Jahre lang in einer Kleinstadt namens Pottenstein gearbeitet, etwa 45 Kilometer von Wien entfernt. Das war von 1993 bis 1999. Tagaus, tagein bin ich mit dem Motorrad gependelt. Etwa 30 Kilometer dieser Strecke hin und zurück musste ich auf der Autobahn zurücklegen. Etwa 1996 hatte ich erstmals begonnen, mich mit dem Schreiben von Geschichten auseinanderzusetzen. Und da waren diese Autobahnkilometer ideal. Sie waren kleine Zeiteinheiten, in denen ich mich mit dem Kopf auch mal mit meinen ersten Geschichten beschäftigen und ich Ideen entwickeln konnte. So sind meine ersten veröffentlichten Storys entstanden.
Nun, die Zeiten ändern sich, und wie ich schon mal gesagt habe, arbeite ich mittlerweile viel intuitiver. Außerdem fahre ich auf dieser Reise kaum auf Autobahnen. Ich weiche ihnen aus, wo ich nur kann. Und Landstraßen erfordern deutlich mehr Aufmerksamkeit. Auch deswegen, weil ich mich sehr intensiv mit meinem Umfeld auseinandersetze und stets nach Bildmotiven, Orten besonderer Schönheit (oder besonderer Hässlichkeit) suche. Wenn ich fahre, dann fahre ich mit all meinen Sinnen – und da ist nur wenig Platz für die Arbeit.
F: Tauchen spontan Ideen auf?
A: Das auf jeden Fall! Aber meist verschwinden sie gleich wieder im Orkus, weil ich nicht stehenbleibe und sie notiere. Ich glaube allerdings, dass sie in ein tiefes Reservoir meines Gedächtnisses hineinplumpsen und irgendwann wieder zum Vorschein kommen.
F: Fließen deine Reise-Erlebnisse unbewusst in die Texte ein?
A: Ich denke ja. Diese Reise bewirkt ja auch einen Reife- und Veränderungsprozess an mir, in mir. Ich könnte mir vorstellen, dass ich durch diese Tour im Geist doppelt so schnell „altere“, weil eben so viel Dinge geschehen, die in der ruhigen Beschaulichkeit eines Lebens an einem heimatgebundenen Ort nicht passieren. Viele dieser Erlebnisse drücken sich – eher indirekt denn direkt – in meinen Geschichten aus.
F: Wie ist das Gefühl, wenn Bücher an einer Aneinanderreihung verschiedener Orte entstehen?
A: Ich nehme das nicht so sehr als Aneinanderreihung von Orten wahr. Ich kann zwar im Nachhinein ungefähr abschätzen, wo welches Manuskript entstanden ist, aber ich kann sie nicht mehr bestimmten Plätzen zuordnen. Klar, wenn ich einen Text hauptsächlich im Zelt verfasst habe, während der Regen herabprasselte und es im Inneren sechs Grad plus hatte, dann merkt man sich das. Aber das ist eher die Ausnahme denn der Normalfall.
F: Hast Du ein externes Laufwerk oder so etwas dabei, um Backups zu machen (z.B. für Deine Fotos)? Oder kommt das in die Cloud bzw. eine Online-Speichermöglichkeit?
Für die Schreibdaten habe ich eine kleine Speicherkarte. Sollte der MacBook Air eingehen (ist mir vor eineinhalb Jahren unterwegs passiert), habe ich immerhin noch alle Daten wie zum Beispiel die PERRY-Expos. Ich würde mir dann unterwegs einen neuen Rechner kaufen (müssen). Bzw. mit dem iPad weiterarbeiten, das ich mithabe, und zusehen, daß ich die Dateien irgendwie dort rüberbekomme. Die Bilder sind auf dem Handy, auf dem Rechner und in der Cloud, um nur ja sicher zu sein. Was die aktuellen Arbeitsdateien angeht, also, wenn ich grad an einem Manuskript schreibe: Da bin ich draufgekommen, daß es für mich am Gescheitesten ist, wenn ich mir diese Datei nach jedem Arbeitstag via Mail an meine gmx-Adresse schicke. Dort ist sie vergleichsweise sicher und auch jederzeit abrufbar. Ich habe übrigens je zwei Ladekabel fürs Handy/iPad und für den Rechner mit.